Maas

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Eine freiwillige Auszeit und das Beleuchten der gegenwärtigen Lebenssituation kann zu den verschiedensten Ergebnissen führen: neuer Job, Trennung vom Partner, Umzug in eine neue Stadt, oder eben doch mit neuer Energie weiter wie bisher. Am Ende einer Auszeit kann allerdings auch ein neues Magazin stehen. So geschehen im Fall von Maas.

Für Anja Maas stand nach einer fast einjährigen Pause fest: Ich gründe einen Verlag und veröffentliche ein Magazin. Die Gedanken, die einem während einer solchen Zäsur durch den Kopf gehen, werden so zu den Inhalten von Maas: Wer bin ich? Was will ich? Wo geht’s hin? “Impulse für ein erfülltes Leben” lautet folglich der Untertitel. Damit bedient die Publikation natürlich eine aktuelle Sehnsucht, die auch vor dem Printmarkt nicht haltmacht. Das “Ich” rückt ins Zentrum der Betrachtung und der inneren Stimme wird aufmerksamer zugehört. Vielleicht, weil die Welt zur Zeit eben so chaotisch scheint. Wenn alles um mich herum außer Kontrolle gerät, dann will ich wenigstens mich im Griff haben.

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“Beruf und Berufung” ist Thema der ersten Ausgabe. Es geht um Veränderungen, Bestimmungen und Visionen. Um das berühmte Hamsterrad, Burn-Out und die Flucht nach vorne. Auffällig oft steht die tägliche und damit routinierte Arbeit unter Verdacht, für unser Unglück verantwortlich zu sein. Wie man hier entgegenwirkt, dafür bietet Maas allerhand Rat. Eine gewisse Offenheit in alle Richtungen schadet dabei nicht (“Begegnung mit einem Baum”). Diverse anschauliche Theorien (“Die sieben Motivationen”) und knappe Botschaften (“Gib nicht auf”) lassen das Magazin mitunter wie die Zusammenfassung eines Mitarbeiter-Coachings wirken, das ein mittelständisches Unternehmen in Auftrag gegeben hat. Tatsächlich sind viele der Autoren als Berater und Coaches tätig, die Hinweise auf ihre Bücher und Homepages fehlen bei fast keinem Artikel. Zwischen all den Optimierungsangeboten tun da die Erfahrungsberichte und sachlicher gehaltenen Texte geradezu gut.

Vielleicht macht das Heft mit seinem Timing alles richtig und findet seine Leser. Schließlich ist die Sehnsucht nach einem erfüllten, sinnvollen Leben gegenwärtig sehr groß. Maas will nur unser Bestes.

Warum soll ich das lesen?
Willst Du nicht auch dem Hamsterrad entfliehen? Vielleicht ist Maas der Tritt in den Hintern, den Du dafür noch brauchst.

Risiken und Nebenwirkungen
Deine Berufung endet möglicherweise bei der Playstation und Fertigpizza.

> Maas online

Florian Tomaszewski

Forerunner

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Bookzines, Travelogues, Longreads: Viele dieser neuen Magazine, denen wir uns so gerne widmen, entstehen im Internet. Hier sind sowohl die Leser als Autoren zu finden. Weil also diese neuen Print-Schmuckstücke im Netz zu Hause sind, passt es, dass sich viele der Magazine mit Nerd-Themen befassen. Amuseum etwa behandelt mit viel Liebe abseitige Themen und Objekte, Soap präsentiert Spezialwissen zu TV-Serien, und WASD betrachtet Videospiele in allen gesellschaftlichen Aspekten und Facetten.

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Mit unserem liebsten digitalen Hobby befasst sich auch Forerunner. Doch ganz anders – wer Spieletests erwartet oder wenigstens Artikel, die gezielt einzelne Videospiele behandeln, ist hier komplett falsch. Hinter Forerunner steht eine kleine Gruppe von Freunden, die gemeinsam losgezogen sind, ihrem Hobby nachzuspüren. In der ersten Ausgabe reisen sie dafür an der Westküste der Vereinigten Staaten entlang – bis hoch nach Vancouver.

Die Jungs um Ben Lake und Max Maybee interessieren die Menschen und Orte, die mit der Spieleindustrie und -kultur verknüpft sind. Das können Games-Designer wie John Romero sein, aber auch Professoren, Soundtüftler, Cosplayerinnen und Museumsbetreiber.

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Von Galway, Irland geht es nach L.A. und San Francisco, durch Chinatown bis nach Kanada: Forerunner ist zuerst nicht mal ein Magazin über die Videospielkultur als vor allem ein Reisetagebuch. Mit großen Augen sind die Autoren und Redakteure auf einem Roadtrip unterwegs. Das Resultat ist dieses erste Heft, und im Mittelpunkt stehen sie selbst und die Begegnungen auf dem Weg von A nach B. Human, after all.

Warum soll ich das lesen?
Frisco Bay, uralte Videospielhallen, der Sunset Strip: Komm mal ‘bisschen raus, ohne rauszukommen.

Risiken und Nebenwirkungen
Auf Skyrim, Azeroth und Stage 8-1 musst Du hier verzichten. Denn Forerunner findet an Orten statt, die Du auch auf Google Maps finden kannst.

> Forerunner online

Sven Job

Isle of Skye

presse91

Der Newspaper Club gibt jedem mit auch nur begrenztem technischen Know-how die Mittel und Möglichkeiten, ein eigenes kleines journalistisches Projekt hochzuziehen und zu veröffentlichen. Nur eines von so vielen Projekten, die über die Plattform schon realisiert worden sind, ist Isle of Skye von Matt Boyle. Der Grafiker und Fotograf nutzt das Zeitungsformat, um seine Eindrücke und Erfahrungen, die er auf seinem Trip in die Schottischen Highlands gemacht hat, in Print zu übersetzen.

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Die zwanzig Seiten über die Isle of Skye kommen mit sehr wenig Text aus und leben von den landschaftlichen Aufnahmen, die von sehr schön bis atemberaubend reichen. Die Lektüre ist also natürlich sehr viel schneller vorüber als es der Trip selbst gewesen ist.

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Aber als kleiner “Proof of concept” zeigt dieses Projekt, wie sich quick & dirty Ideen verwirklichen und dank Print auch verewigen lassen – es ist eben etwas anderes, ob Du Dir diese Bilder am Apple-Screen anschaust oder ob Du sie in die Hand nehmen kannst. Möglicherweise hängst Du sie auch gleich an die Wand.

> Isle of Skye / Newspaper Club online
> Matt Boyle online
> Matt Boyles Instagram mit der Foto-Strecke zur Isle of Skye

Sven Job

Akademische Mitteilungen 21: Paradise

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Der Garten Eden. 40 Jungfrauen. Sehnsucht und Sonnenuntergang. Steuerparadies. Das Paradies der Werktätigen. Darauf eine Piña Colada. Ewiger Friede, ewige Erfüllung. Die Monotonie. Die Südsee. Paradiesische Zustände und blühende Landschaften. Utopie, Dystopie. Das Schlaraffenland.

Die Studenten Mado Klümper und Sara Cristina Moser der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart haben sich für ihre Ausgabe von Akademische Mitteilungen kein kleines Thema ausgesucht. Ganz im Gegenteil – unter dem Motto “Paradise” ist den Grafikern und Textern ein Heft gelungen, metaphernreich und kontrastreich, manchmal Kunst und manchmal kritisch, mal klug, mal bildstark. Ein Heft, das außerdem eine Frage in den Mittelpunkt stellt: Wer sind Adam und Eva denn nun wirklich (gewesen)? Und was würden sie uns heute berichten, wenn Sie einen Blick auf das Drama der Moderne werfen könnten?

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Die Bandbreite der Darstellungsformen ist genauso groß wie die kleinen Themata im großen: ein Bild-Essay über die DomRep, ein Interview mit dem Künstler und selbsternannten Heiler AA Bronson und eines mit einem Schamanen, ein Blick hinein in unsere Träume und ein anderer hinaus in unsere Galaxis. Dazu Fotostrecken von wilden Tieren, von Gletschern und aus dem Libanon.

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Bei AM ist jede Ausgabe anders und von Grund auf neu konzipiert. Dahinter steckt der Gedanke, die Studenten mal machen zu lassen, sie ausprobieren und zeigen lassen, was geht. Das ist auch bei Paradise wieder gelungen. Die Auflage ist mit 1000 Exemplaren wie immer stark limitiert.

Warum soll ich das lesen?
Unterstütze die Jungen und Wilden! Und träume von besseren Zeiten im Paradies.

Risiken und Nebenwirkungen
Das Cover erzeugt hohe Erwartungen, die Akademische Mitteilungen 21 unmöglich einlösen kann. So viele Palmen gibt es gar nicht im Heft!

> AM 21: Paradise online

Wir haben bereits zwei Ausgaben davor besprochen:
> Review AM XX
> Review AM 17

Sven Job

Paper

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Ein Stadtmagazin mit Ausgehtipps und Interviewporträts sympathischer Locals, mit Tipps und Tricks über where to buy, where to eat and what to do – das ist doch très chic! Und da wir von Köln sprechen, ist das ein Heimspiel für uns und darum eine Freude und Ehrensache, einen oder zwei Blicke zu riskieren.

Das Magazin Paper will sich Köln vornehmen – Viertel für Viertel (oder wie wir in Köln sagen: Veedel). Los geht’s in der Debütausgabe mit dem Rathenauviertel. Vom Namen her klingelt es da bei internationalen Besuchern vielleicht nicht so sehr wie bei Ehrenfeld oder dem Belgischen Viertel. Es wäre aber trotzdem sehr schade, dieses Steak von städtischer Ausgeh- und Shoppingkultur zwischen den Kölner Ringen und Universität zu übersehen. Paper schärft den Blick.

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Drin in Paper: eine Stadtführung mit Jana Wenge, die uns auf eine Erkundungstour mitnimmt durch ihr Veedel. Dazu kulinarische Empfehlungen, die den Klassiker “Himmel un Ääd” neu interpretieren sowie Features über Modemacher und Ladenbetreiberinnen, die von ihrer Beziehung zur Stadt erzählen.

Vor allem Geschichten finden ihren Platz und ihre Stimme in Paper – die der Zugezogenen und Kreativen genauso wie die derjenigen, die das Rathenauviertel schon lange ihre Heimat nennen. Das macht Paper nicht nur zum regelmäßig erscheinenden Touri-Führer, sondern bietet noch mehr den Menschen, die sich schon ein bisschen hier auskennen und mehr erfahren wollen über Früher, Heute und Morgen.

Die nächste Ausgabe wird im Sommer erscheinen. Welches Veedel ist dann an der Reihe? Sülz, die Südstadt, Nippes? Time will tell.

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Warum soll ich das lesen?
Praktisch: die Veedelkarte zum Aufklappen. Zeigt im handlichen Format, wo man gut snacken, trinken, shoppen kann.

Risiken und Nebenwirkungen
Gestern hast Du noch in Hamburg gewohnt, der Kölner Karneval war für Dich eine höchst irritierende Veranstaltung. Heute liest Du Paper, und morgen ziehst Du dann doch nach Köln. Übermorgen feierst Du im Bienchenkostüm – im Rathenauviertel natürlich. Den weiteren Verlauf kann man sich ja denken.

> Paper – Das Printmagazin für Kölns Veedel

Sven Job

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