Secret Museum Of Mankind

presse112

Ich bin erstaunt, dass ich mit meinem Schul-Französisch noch in der Lage bin, obskure Fanzines zu lesen. Oder sagen wir mal, zu dechiffrieren. Okay, in diesem Fall ist das gar nicht so schwer, denn Secret Museum Of Mankind hat eine überschaubare Menge an Text zum Inhalt, gepaart mit den entsprechenden Pics. Screenshots aus den Simpsons. Die Idee, die zuerst im Internet ihre Runden gedreht hat: Die Simpsons sehen die großen Ereignisse (zumindest teilweise) voraus. Homer ist unser Nostradamus, und wir seine Schüler – oder so ähnlich.

Verdächtig oft lagen die Drehbuchautoren bei FOX tatsächlich richtig mit dem, was uns noch widerfahren sollte: Donald Drumpf ruiniert die Welt und die Rolling Stones gehen noch immer auf Tournee (“Steel Wheelchair Tour 2010″). Außerdem: Die FIFA bekommt ihren Korruptionsskandal und wir alle das iPhone, das in der Episode “Lisa auf dem Eise” bereits 1994 einen kleinen, denkwürdigen Auftritt hat.

presse112_1

Toll. Andererseits: Bei inzwischen über 600 Episoden in bald 30 Jahren sind größere und kleinere Prophezeiungen wohl gar nicht so schwer hinzukriegen. Ay Caramba.

Eine Bemerkung kann ich mir aber nicht verkneifen: Trump hat nicht schon im Jahr 2000 einen Auftritt bei den Simpsons hingelegt – auch wenn diese Story in den Sozialen Medien letztes Jahr die Runde gemacht hat. Das ist schlicht falsch, und die Screenshots sind aus einer sehr viel jüngeren Episode. SMOM wiederholt diesen Fehler leider. Aber dass dieser im Geiste und an den Händen so kleine Mann wenigstens mal erwähnt wird, als schlimmster Präsident aller Zeiten – das stimmt schon. So ist das mit den Simpsons: Erst wird es gelb, und dann wird es finster. Ganz finster.

presse112_2

Warum soll ich das lesen?
Secret Museum Of Mankind fasst prägnant zusammen, was wir schon geahnt haben: Die Weisheit liegt am Ende in der Pop-Kultur.

Risiken und Nebenwirkungen
Du bringst Dich mit SMOM auf den neuesten Stand, was in der Welt so passiert? Auf Papier, französisch und avec les Simpsons? Bizarrer geht’s nicht.

> Secret Museum Of Mankind online

Sven Job

Charlie Hebdo in der deutschen Ausgabe

presse111

Noch im Dezember des vergangenen Jahres ist die deutsche Erstausgabe des französischen Satiremagazins Charlie Hebdo erschienen. Unter großer Aufmerksamkeit und mit großem Aufwand. Ein kleiner, später Blick auf ein Stück Frankreich in Teutonia.

Humor können wir ja, wie auch alles andere, auf der Welt am besten. Wieso eigentlich exportieren dann die Franzosen ihr Satiremagazin zu uns? Das wird man doch wohl mal fragen dürfen!

Das ist schon die erste Antwort. Weil wir Satire brauchen. In unsere Zeiten, in denen Rechtspopupulisten, Angst und Fanatisten unsere Welt vor sich her treiben, da kann es, verdammt noch mal, gar nicht genug davon geben. Es sind ausnahmslos alle verrückt geworden.

presse111_1

Trotzdem und ganz abgesehen davon: Charlie Hebdo is not for everybody. Aber das sind die Titanic, Pardon oder, oh je, der Eulenspiegel auch nicht. Charlie Hebdo ist für ein Satiremagazin interessant politisch und um Ernsthaftigkeit bemüht. Und auf der Seite gegenüber gibt es dann Nacktkarikaturen von Merkel zu bestaunen.

Warum soll ich das lesen?
Statt “heute” guckst Du schon länger die “heute show”. Und auch wenn Du an das Gute im Menschen glaubst, misstraust Du mehr und mehr der etablierten Presse. Vielleicht ist Charlie Hebdo ja Dein Ausweg aus dieser Misere.

Risiken und Nebenwirkungen
Nach ein paar Wochen schon merkst Du, wie nah sich Charlie Hebdo und die taz eigentlich sind.

> Charlie Hebdo online

Sven Job

Utopie

utopie01

Vielleicht ist es ganz sinnvoll, zum Ende des Jahres ein Magazin namens Utopie in die Hände zu nehmen. Besonders dann, wenn die Realität wie in den vergangenen 12 Monaten kaum auszuhalten war. Utopie also, das “Magazin für Sinn und Verstand”. 2014 finanziert via Crowdfunding und nun mit der zweiten Ausgabe vorliegend.

utopie02

Vor allem der Verstand, das wird schnell klar, ist beim Lesen dann auch notwendig. Utopie ist kein schneller Snack, schließlich geht es hier um nicht weniger als die Hinterfragung bestehender Verhältnisse und die Verhandlung entsprechender Alternativen. Nur wenige Illustrationen durchbrechen die Textflut. Die Artikeln selbst kommen sehr theoretisch daher. Utopie will zum Diskurs und Austausch anregen. Und wie wir wissen, werden die meisten Revolutionen um drei Uhr morgens am WG-Küchentisch ausgerufen. Oder eben auf 140 Seiten Print. Und jetzt wollen wir Weihnachten feiern!

Warum soll ich das lesen?
Utopie & Revolution: Nie klang das so verlockend wie jetzt.

Risken und Nebenwirkungen
Während die Stadt schon brennt, diskutierst Du immer noch.

> Utopie online

Florian Tomaszewski

Socrates

socrates01

Der eine legte in Athen den Grundstein der abendländischen Philosophie, der andere in São Paulo den des eigenständigen Denkens unter Fußballern. Welche der beiden Errungenschaften in der Zwischenzeit stärker in Mitleidenschaft gezogen worden ist, möge jeder selbst beurteilen. Die beiden großen Männer verbindet ein Name: Sokrates. Der zweite, der mit c geschriebene Brasilianer, war Doktor der Medizin, starker Raucher, Revolutionsführer und – ein verflucht guter Fußballer.

socrates02

Inzwischen ist er auch Namensgeber für das “denkende Sportmagazin”, das erstmals vor gut zwei Jahren in der Türkei und jetzt auch in Deutschland erschienen ist. In den monatlichen Heften soll es nicht nur um Fußball, sondern auch um viele andere Sportarten gehen – auch wenn auf dem Cover der Erstausgabe dann der Kloppo zu sehen ist. Hierzulande zieht das natürlich! Auf den über 100 Seiten geht es dann aber tatsächlich recht eklektisch zu. Tennis, Base-, Hand- und (deutscher!) Basketball – alles schön bunt gemischt und ansprechend aufbereitet.

In Interviews und Porträts nähert sich Socrates seinen Themen über seine Protagonisten. Denn im Zentrum des Interesses stehen ganz eindeutig: Spieler, Turner, Läufer, Springer, Werfer, Fahrer und Trainer. Alles mit geschmackvollen Illustrationen und schönen Fotos sehr ansprechend aufbereitet. Abseits der tagesaktuellen (Ergebnis-)Berichterstattung gibt es jene Geschichten, die erzählt werden können, wenn das Flutlicht erloschen, der Schweiß getrocknet und alle Wunden verarztet sind.

Warum soll ich das lesen?
Profisport muss nicht nur Anlass für Berieselung aus der Glotze und Alkoholabusus sein, sondern darf für tiefergehende Gedanken sorgen – why not?

Risiken und Nebenwirkungen
Plötzlich trumpfst Du auf bei abseitigen Fragen in der Quiz-Kategorie “Sport”, die all Deine feingeistigen Freunde hassen.

> Socrates online

Christian Vey

Wolf

wolf_01

Uns Männern scheint es schlecht zu gehen. Nach Jahren im Fitnessstudio (Premium-Mitglied), in Meetings (Platz neben dem Chef), in Zügen (BahnCard 100) und im Flieger (Business Class) nimmt man uns nun zur Seite und spricht beruhigend auf uns ein: Mach mal langsam, komm mal runter, fäll’ ein Baum, bau ein Kanu.

Bei Gruner + Jahr heißt die Beruhigungspille Wolf und ist “Das Männer-Magazin fürs Wesentliche”. Auch der Wolf ist ja vom Alpha- zum Sorgentier mutiert, auf den nicht mehr vor Furcht der Finger gerichtet wird, sondern der Gewehrlauf. Vielleicht heißt das Heft aber auch einfach so, weil es als Special der Entschleunigungsbibel Flow erscheint und irgendjemand mal auf die Idee gekommen ist, “Flow” rückwärts zu lesen. Egal. Was will der Wolf also von uns?

wolf_02

Vor allem, dass wir mal runterkommen. Innehalten. Verzichten. “Mehr offline. Mehr Freiheit” heißt das auf dem Cover mit dem VW-Bus, der dafür scheinbar immer wieder herhalten darf. Im Heftinneren sind das dann Männer und ihre Hütten im Grünen, Mental Training (“Bodybuilding für die Seele”) oder die gute alte Schallplatte. Ähnlich wie mit dem ZeitMagazin MANN hält man mit Wolf ein Heft in den Händen, dass sich von Männermagazinen wie Men’s Health oder FHM bewusst absetzt und den Leser eher auf die Yogamatte statt auf die Hantelbank schickt. Die Limited Edition – das gibt es jetzt auch bei Magazinen? – erscheint zusätzlich mit einem Auto-Quartett und einer herausnehmbaren Reportage des New York Times Magazine.

Der Wolf will vielleicht vor allem eins: einfach mal wieder gestreichelt werden.

Warum soll ich das lesen?
Entspann dich, Mann!

Risiken und Nebenwirkungen
Selbst dafür brauchen wir eine Anleitung. Können wir nicht auch einfach auf dem Sofa sitzen und fernsehen?

> Wolf online

Florian Tomaszewski

Seite 7 von 61« Erste...678...102030...Letzte »