The European

Ein Grund für die Existenz von Voll auf die Presse ist ja der Glaube an das gedruckte Heft. Des Widerspruchs, dies ausgerechnet online abzufeiern, sind wir uns übrigens bewusst. Umso mehr freuen wir uns über die Erstausgabe von The European, beweist das Magazin doch, dass auch aus einem Online-Medium ein qualitativ hochwertiges Heft entstehen kann. 2009 im Netz als Debattenmagazin an den Start gegangen, lässt sich The European jetzt anfassen, blättern und zusammenrollen, ach ja, und lesen natürlich immer noch.

Das Print-Magazin erscheint quartalsweise, muss also Themen auffahren, die Bestand haben. Tagesaktuelle Stoffe können hier, im Gegensatz zur Online-Variante, nicht berücksichtigt werden. Demokratie, Zukunft, Katholizismus, der menschliche Geist: drunter macht es die gedruckte Form nicht. Ein redaktioneller Leitgedanke gibt renommierten Journalisten und Wissenschaftlern dann Gelegenheit, Texte mit klarer Meinung zu verfassen. The European wird somit zum 160-Seiten-Think-Tank.

Warum soll ich das lesen?
Schärfe dein Profil. Auch du hast eine Meinung!

Risiken und Nebenwirkungen?
Eine eigene Meinung? Haben unsere Lehrer uns nicht genau davor gewarnt?

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Florian Tomaszewski

YPS

Deutschland steht Kopf. Arglose Menschen kippen sich die Urzeitkrebse in den Morgenkaffee, stecken sich mexikanische Springbohnen in die Hose und malen sich Zaubertinte ins Gesicht. Vor Schreck. Denn: YPS ist ausverkauft! Erschienen ist das erste Heft der Neuauflage am Donnerstag, den 11. Oktober und jetzt, nur wenige Tage später werden die Vorräte knapp. Keine Magazine mehr am Kiosk, das aktuelle Gimmick muss erst nachgezüchtet werden (es sind natürlich: die Krebse, Fachterminus Artemia salina), Egmont Ehapa hat einfach viel zu wenige Exemplare drucken lassen. Recherchen vor Ort haben ergeben, dass das Heft in den großen Buchhandlungen schon nach einer Stunde ausverkauft war – also am frühen Donnerstagmorgen des Relaunchs. Und weil eben das Gimmick nicht so leicht nachproduziert werden kann wie das Heft selbst, kann es noch dauern, bis eine zweite Auflage nachgeschoben wird. Verrückt. YPS, worum geht’s?

Das Heft ist eine Legende unter den Comic-Magazinen und hat Biografien ganzer Generationen geprägt, besonders in den 1970er und 80er Jahren. Davon zeugen die Testimonials in der Neuauflage von Thomas D bis Oliver Korritke. Ohne Frage: YPS 1/2012 mit Gimmick 1258 atmet auf 100 Seiten hoffnungslose Nostalgie. Die Urzeitkrebse sind da nur die Zugabe, der Bonus im Wasserglas. Man hat augenscheinlich dazugelernt bei Egmont Ehapa – ein erster Relaunch ging 2005 noch gründlich daneben, nach insgesamt vier Ausgaben war wieder Schluss, der Spagat zwischen junger Zielgruppe und nunmehr erwachsenen Altlesern ging nicht auf. Der Blick in das neue Heft indes lässt keine Zweifel offen: früher war toll, die Zukunft golden und YPS das Gadget-begeisterte Magazin für Jungs zwischen 8 und 15 Jahren. Diese Atmosphäre übersetzt Chefredakteur Christian Kallenberg erfolgreich in die Gegenwart. Kallenberg war früher übrigens für das Männermagazin FHM verantwortlich. Wenn man mal darüber nachdenkt, hat sich an seinem Tätigkeitsfeld gar nicht so viel verändert. Immer noch geht es um Spielereien für große Jungs.

Dieses Motto zieht sich jedenfalls durch das Heft: Im Grunde ist alles wie immer. Wir wollen immer noch Spion werden, mit Zaubertricks die Mädchen beeindrucken und unsere Zeit mit Videospielen verschleudern. Das Magazin ist dabei nostalgisch, ohne retro zu sein, es ist eine Verbeugung vor der kompletten YPS-Historie mit alten Comic-Nachdrucken und Anekdoten aus früheren Zeiten. Es richtet sich an Dad, manches wird aber auch den Sohn interessieren. Vielleicht nicht der Tipp, wie man eine Zigarette ascht, ohne den Boden zu ruinieren. Aber vielleicht, wo man hierzulande noch Dinosaurierknochen finden kann. Und dann sind da noch die Krebse. Alles richtig gemacht.

Warum soll ich das lesen?
Wie es schon auf dem Titel steht: “Eigentlich sind wir doch schon erwachsenen.” Aber “eigentlich” interessiert uns nicht.

Risiken und Nebenwirkungen
Die Gimmicks auszuprobieren, konnte schon in der Kindheit zu Ärger führen. Jetzt leben die meisten längst in einer Beziehung. Warum sollte es nun anders sein?

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Sven Job

“Es ist gar nicht so leicht, da wieder rauszukommen.”

The Weekender ist ein kleines, aber feines Magazin mit Stil. Das sagen wir und das sagt auch die Jury der LeadAwards, schließlich hat es die Macher Christian Schneider und Dirk Mönkemöller und ihr kleines Indie-Magazin 2012 zu den Newcomern des Jahres gekürt. Nachdem wir im Interview mit den Machern des Magazins Mensch sozusagen bei der Geburt eines Hefts dabei waren, ist The Weekender schon über ein Jahr alt. Die nächste Phase beginnt, die wir mit Herausgeber Dirk Mönkemöller beleuchten wollten.

The Weekender gibt es seit Frühjahr 2011. Erzähl uns doch, wie es am Anfang war.

Das weiß ich schon gar nicht mehr, es scheint so lange her zu sein. Der springende Punkt ist: Die Idee, ein Magazin zu machen, haben viele. Aber um es in die Tat umzusetzen, muss man ein paar Hürden nehmen. Man muss sich schlau machen: Wie funktioniert das, wie kann ich das unter die Leute bringen? Ich habe einen Freund getroffen, der ein Magazin macht und ihn alles gefragt, was man wissen muss. Danach dachte ich: Lass die Finger davon, das ist ja schrecklich! Jener Freund hat aber gesagt: “Nein, mach das auf jeden Fall! Es macht riesig Spaß” und das war Ansporn genug. Wenn dann irgendwann die Infrastruktur steht und man ein Team von Helfern hat, wenn eine Druckerei und ein Vertrieb gefunden sind, dann läuft das Ding. Und wenn man nicht totalen Mist gebaut und ein gutes Heft abgeliefert hat, ist es gar nicht so leicht, da wieder rauszukommen. Man muss festgelegte Termine einhalten können und beweisen, dass man nicht nur eine Ausgabe, sondern auch mehrere schafft.

Trennt sich da für Magazin-Macher die Spreu vom Weizen?

Viele Leute, die ein Magazin auf die Beine stellen, sind schon nach der ersten Ausgabe desillusioniert und dann passiert nichts weiter. Dabei ist die erste Ausgabe dankbar: Man hat Zeit, Inhalte zu sammeln, das Layout zu machen. Man hat noch nicht so den Druck im Nacken.

Jetzt sind gut anderthalb Jahre vergangen. Seid ihr aus “dem Gröbsten” raus?

Ja, wir haben es recht schnell geschafft, dass sich das Magazin selbst trägt. Wir sind immer noch unabhängig, es gibt keinen Verlag oder Geldgeber im Hintergrund. Das war so eine Art Meilenstein. Wenn es nicht funktioniert hätte, hätten wir es wahrscheinlich irgendwann wieder aufgeben müssen. Man kann einfach nicht alle drei Monate ein Magazin selbst finanzieren. Doch jetzt läuft’s. Es kommen sogar Anfragen aus Japan. Dort entwickelt sich regelmäßig ein Hype, auch für Magazine, die die Japaner gar nicht lesen können, weil sie z.B. auf Deutsch sind. Aber die kaufen das trotzdem und lassen sich vom Inhalt inspirieren. Ein Buchhandel hat z.B. 150 Hefte von jeder Ausgabe bestellt, insgesamt 600. Die waren schnell weg. Nach einer Weile legt sich das natürlich wieder.

Fällt dir etwas ein, was du so nicht mehr machen würdest? Fehler, falsche Entscheidungen?

Darüber habe ich noch nie nachgedacht! Klar, man macht auch mal negative Erfahrungen, aber alles halb so wild. Man muss ein Verhältnis hinkriegen zwischen dem, was man für den Druck ausgibt und dem, was man mit dem Verkauf verdient. Da darf man dann nicht durchdrehen und zu viel Geld ausgeben. Aber einen richtig großen Fehler haben wir nicht gemacht. Zum Glück dürfen wir mit vielen tollen Leuten zusammenarbeiten, wir haben zum Beispiel einen super Vertriebspartner an unserer Seite. Und das ist sehr viel wert.

Ihr macht The Weekender im Kern zu zweit. Wie viel Selbstausbeutung ist da drin?

Wir haben beide einen Hauptberuf und machen das Magazin nebenher. Es frisst Zeit, auch wenn man “nur” alle drei Monate erscheint. Deshalb haben wir gerade damit begonnen, eine kleine “virtuelle” Redaktion aufzubauen. Aus kommerzieller Sicht ist das Wahnsinn, was wir machen. Aber es macht Spaß. Und bisher haben wir es nicht bereut – auch wenn wir keinen Pfennig daran verdienen.

The Weekender ist ein “Magazin für Einblicke und Ausflüge”. Was steckt dahinter?

Wir haben mit dem Ziel angefangen, ein Wohnmagazin der etwas anderen Art zu machen, weil uns das interessiert. Es gab da schon länger das Apartamento, das fanden wir toll. Kopieren wollten wir das nicht, aber es war schon eine große Inspiration. Wir mochten das Prinzip, einfach mal bei fremden Leuten in die Wohnung zu gucken. Das kennt wohl jeder. Bei normalen, aber interessanten Leuten gucken: Wie wohnen die, wie richten die sich ein? Das war so der Ausgangspunkt. Dazu kam als zweiter Schwerpunkt das Reisen. Irgendwann kam als dritter Punkt das Gastronomische dazu. So entwickelte sich das von Ausgabe zu Ausgabe. Wir sind sehr frei und können machen, was wir wollen – niemand quatscht uns rein.

Was muss man mitbringen, um ein Magazin selbst hochzuziehen?

Erfahrung in verschiedenen Bereichen kann nicht schaden, also redaktionell und gestalterisch. Dann darf man nicht vergessen, dass es auch viel Fleißarbeit ist: Hefte verschicken, abrechnen usw. Und man sollte schon ein paar Kontakte mitbringen und Leute kennen, die Fotos machen, Illustrationen beisteuern können und Texte. Außerdem sollte man wissen, was man will und wie entsprechende Geschichten auch umzusetzen sind. Dann kann man loslegen!

> The Weekender online

Das Interview führte Sven Job

der:die:das:

Mit dem Monat September ist etwas aus unserem Leben getreten, das für viele wohl so selbstverständlich und alltäglich wie ein Stift, ein Topf oder eine Tasse war. Und bis vor einigen Jahren noch kaum Beachtung fand. Erst als 2009 ihr langsamer, europaweiter Tod eingeleitet wurde, konnte die Glühbirne die Gesellschaft noch einmal in Wallung versetzen. Plötzliches wurde ihr warmes Licht gelobt. Die Heimeligkeit, die ihr Strahlen in den sonst so grauen Alltag bringt. Gebracht hat das alles nichts, die Glühbirne ist nicht mehr unter uns. Gestorben eines politisch korrekten Todes. Geopfert dem kalten Licht der Moderne. Vielleicht gibt uns die aktuelle Ausgabe des Schweizer Magazins der:die:das: etwas Trost, widmet sie sich doch ganz dem Zauber der Glühbirne.

In korrekter Reihenfolge arbeitet sich das Magazin durch unser Alphabet und findet zu jedem Buchstaben einen Gegenstand, der ein eigenes Heft wert ist. Angekommen ist man nun bei G wie Glühbirne, nachdem unter anderem schon die Büroklammer und das Fernglas behandelt wurden. Der:die:das: erscheint zweimal im Jahr und was schnell hätte schrullig werden können, ist im Ergebnis ein liebevoll gestaltetes Magazin. Wenn Objektfetischismus, dann bitte so. Der jeweilige Gegenstand wird von allen Seiten betrachtet, der Kern seines Daseins freigelegt. Die Stilmittel reichen dabei von kunstvollen Abstraktionen bis hin zu Reportagen und geschmeidiger Prosa. Der:die:das: lehrt uns, dass man mit der nötigen Passion und Kreativität aus allem ein Magazin machen kann. Die nächste Ausgabe wird der Hammer. H wie Hammer.

Warum soll ich das lesen?
Du kannst Menschen nicht mehr sehen. Glühbirnen, Ferngläser und Büroklammern sind da eine willkommene Abwechslung.

Risiken und Nebenwirkungen
Es dauert noch sehr lange, bis wir rausfinden werden, welchen Gegenstand die Ausgabe X thematisiert.

> der:die:das: online

Florian Tomaszewski

Akademische Mitteilungen

AM17 / I love your friends / They’re all so arty / Oh yeah

Ey, Kunst! Herausgegeben von der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart ist das Magazin als jährliches Showcase zu verstehen – die Studenten und Absolventen zeigen, was sie gelernt haben. Erfreulich ist in diesem Fall, dass das Projekt – mittlerweile in seiner siebzehnten Inkarnation – dennoch sehr international auftritt. Contributors aus u.a. Rotterdam, New York und London haben sich beteiligt, vertrieben wird das Kunstmagazin auch in Reykjavik, Stockholm und Brüssel.

Thema diesen Jahrgangs ist “Obsession”. Die leidenschaftliche Hingabe, die in Selbstaufgabe bis zur Zerstörung gipfeln kann, zieht sich dabei wie ein roter Faden durch das Heft. Im Grenzgebiet zwischen Kunst und Wissenschaft sind viele der Essays und Interviews doch eher für ein Nischenpublikum interessant, etwa über die Aktionskünstlerin Lady Jaye Breyer P-Orridge, deren Ziel die Erschaffung eines neuen Genders war.


Dafür sind die Fotostrecken oft seltsam erhellend, etwa jene über Dubai, die das Öl-Emirat aus der Sicht der rechtlosen Gastarbeiter zeigt. Hier wird in Momentaufnahmen deutlich, dass Kunst uns alle angeht. Und Magazine wie die Akademischen Mitteilungen gibt es überall dort, wo es Kunststudenten gibt. Das ist erst der Anfang.

Warum soll ich das lesen?
Andy Warhol, morphende Figuren, der Kunstbetrieb.

Risiken und Nebenwirkungen
Andy Warhol, morphende Figuren, der Kunstbetrieb.

> AM17 online

Sven Job

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