Go

Das Go-Magazin kannst du lange suchen, finden wirst du es in gedruckter Form nicht. Weder am Kiosk, noch im gut sortierten Zeitschriftenregal der Bahnhofsbuchhandlung. Go stellt nämlich die Abschlussarbeit der Absolventen der Zeitenspiegel-Reportageschule Günter Dahl dar und wird an die Magazinredaktionen dieses Landes verschickt, sozusagen als Empfehlungsschreiben im Heftformat. Damit auch der interessierte Leser in den Genuss von Go kommt, findet man die Online-Versionen aller bisherigen Ausgaben auf der Homepage der Schule.

Jeder Jahrgang der Journalistenschule veröffentlicht das Reportagemagazin zu einem eigenen Thema. Der Jahrgang 2011/2012 widmet sich mit der achten Go-Ausgabe dem “Kind” auf vielfältige und anspruchsvolle Weise. Im Exil lebende tibetische Kinder finden ebenso Platz wie ein 15-jähriger Nachwuchsfußballer, der kurz vor einer Karriere als Profi beim FC Schalke 04 steht.

Die Texte und das Layout von Go sind natürlich hochwertig, die Fotos werden von Studenten der Fachhochschule Hannover beigesteuert.  Mit dem Heft wollen die Absolventen schließlich zeigen, dass die einjährige Intensivausbildung sich gelohnt hat und man sich auf einem hart umkämpften Markt behaupten kann. Viel Glück da draußen! Unseren Segen habt ihr…

Warum soll ich das lesen?
Damit du jetzt schon weißt, wessen Artikel du bald in deiner Zeitung wiederfinden wirst.

Risiken und Nebenwirkungen
Bestehen nur für den Autor dieser Zeilen. Schließlich schreibt er über Nachwuchsjournalisten – die kennen jede Kommaregel.

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Florian Tomaszewski

Draussenseiter

Wer eine Stadt zum ersten Mal bereist, der tut das oft mit der Bahn. Der Bahnhof ist das erste, was man sieht – eine Visitenkarte der Stadt. Was aber ist das erste, was man in der Stadt und über sie liest? Ein Vorschlag: Straßenmagazine, die oft von Obdachlosen angeboten werden – gerne gleich am Bahnhof selbst. Wer einen Blick riskiert, erkennt sofort, dass diese Straßenmagazine sich in kaum einem Land einer derartigen Beliebtheit erfreuen wie in Deutschland. Warum ist das so? Was sind diese Hefte wert? Und was sagen sie über den Ort aus, in dem sie erscheinen? Ab jetzt in loser Folge: Die Kolumne zum Straßen- und Stadtmagazin.

Den Anfang macht das – reiner Zufall – älteste Heft in Deutschlands Straßen, der Draussenseiter. Aufmachung und Name änderten sich mit der Zeit, von Bank-Express zu Bank Extra – ach, geschenkt. Zu lange aufhalten sollte man sich nicht an den Namen, die sind oft Mittelmaß, die dann der Content hoffentlich übertrifft. Da darf man ja einiges erwarten: Ein Teil der Mitwirkenden lebt nun mal auf der Straße, ist immer draußen und unterwegs. Bekommen die nicht so einiges mit? Kennen sie nicht die Stadt am allerbesten? Bringen sie also “die Weisheit der Straße” ins Heft? In dieser Kolumne werden wir den Antworten hoffentlich Magazin für Magazin näher kommen.

Im besprochenen Heft liegt der Schwerpunkt bei den Frauen. In diesem Kontext also: Frauen, die keinen festen Wohnsitz haben. Wie kommt man von der Straße runter? Welche Einrichtungen gibt es speziell für sie? Oft ist das Heft also Ratgeber für Obdachlose. Der Ton der Artikel ist dabei mal persönlich, mal politisch. Und sicher soll auch die Öffentlichkeit über ihre Bedingungen aufgeklärt werden. Leider schreiben wenige der Betroffenen selbst. Wie viele Leser jede Ausgabe wohl erreicht? Am Vertriebsnetz kann es jedenfalls nicht liegen.

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Sven Job

We Are Here

Dubai, Teil der Vereinigten Arabischen Emirate. Ein winziger Flecken Erde am Persischen Golf. Ein wichtiger Handelshafen. Öl und Gas, und dann: Grenzenloser Reichtum. Das ist die Kurzfassung der Geschichte Dubais, um die es hier nicht gehen soll – denn das We Are Here-Magazin hat seine eigene Agenda.

Wie ist so das Leben in den Emiraten? Die Antwort: Eigentlich ganz normal, so wie überall sonst auch. Das Magazin, das nach Form, Maße und Layout ein Bookzine ist, gewährt einen Einblick in diese Welt. Davon, wie es ist, hier aufzuwachsen. Oder als DJ seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Oder ein Rollenspieler-Geek zu sein. Das klingt exotisch, ist es aber nicht. Diese bodenständige Erkenntnis macht We Are Here zu etwas Besonderem.

Eine Blase aus Ego und Ehrgeiz

In We Are Here geht es um Geschichten, die manchmal klein erscheinen, wenn sie sich auf das (Innen-)Leben ihrer Autoren konzentrieren. Ein Artikel beschreibt den harten Alltag einer Flugbegleiterin, ein anderer “Kamel”-Fast Food (mit Burgern aus, wirklich, Kamelfleisch). Ein weiteres Stück porträtiert einen Künstler. Es sind einzigartige Vignetten dabei, die Dubais Schwebezustand beschreiben. Wer reist, kommt niemals an, und die Stadt ist Heimat – fernab der Heimat. Die Bilderstrecken verstärlen das noch; der Instagram-Look erzeugt seine eigene Nostalgie. Die ist jetzt wohl endgültig in print angekommen.


We Are Here kämpft gegen die Klischees und Zerrbilder, die Dubai anhaften, dieser surrealen Destination irgendwo in der Wüste. Die Magazinmacher gehen mit diesem Anspruch ihren eigenen Weg. Und der muss nicht unbedingt in die Ödnis führen. Am Ende der Reise ist die Aufgabe erfüllt, und es wartet ein neuer Ort. Im nächsten Heft.

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Sven Job

Freiraum

Die erste Ausgabe von Freiraum ist ganz das Werk von Johannes Fiola. Im Rahmen seiner Bachelorarbeit an der Fachhochschule Dortmund entstanden, hat er sämtliche Texte geschrieben, Fotos geschossen und auch das Layout des Magazins gestaltet.

Freiraum soll von den unkonventionellen Lebensentwürfen erzählen, von extremen Gedanken und von jenen, die gesellschaftliche Normen hinterfragen, sie möglicherweise sogar ignorieren. Die erste Ausgabe trägt bezeichnenderweise auch den Titel “Outlaw”. Dabei verfällt Fiola zum Glück nicht seinem romantischen Klang. Wenn der alkoholabhängige Georg in seiner kargen Bleibe sitzt und aus seinem Leben erzählt, dann lauschen wir keinem coolen Rebellen, sondern einem, der in dieser Gesellschaft einfach keinen Platz mehr findet. Einen ähnlichen Eindruck hinterlässt die Bilderstrecke “Schlafplätze”: Nischen kleinstmöglicher Privatheit am Rande einer Bundesstraße oder unterhalb einer Brücke, nüchtern festgehalten und dadurch umso unangenehmer. Am ehesten entsprechen wohl noch Wolfgang Wendland, Sänger der Punkband “Die Kassierer”, und der Sprayer Taps unserem Bild des wilden Lebens am Rande der Gesellschaft. Beide werden von Johannes Fiola interviewt.

Häufig scheinen die Berichte auf zufälligen Begegnungen zu basieren, etwas wenn Fiola den Bruder eines streng gläubigen Moslems in der Bar trifft, in der er selbst arbeitet, oder nach einem Clubbesuch am frühen Morgen über eben jenen Georg stolpert. Als Obdachloser schlägt der Autor sich in Gonzo-Manier sogar selbst einige Tage durch München. Die Thematik des Andersseins wird durch den schwarz-weißen Zeitungslook und das reduzierte Design unterstrichen. Johannes Fiola hat uns einige Fragen zu seinem Magazin beantwortet.

Wie ist die Idee zu dem Heft gekommen?
Dass ich ein Magazin als Abschlussarbeit machen wollte, war mir eigentlich schon länger klar. Ich konnte mich nur nicht auf ein Thema festlegen. In der Vergangenheit habe ich mich häufig mit sozialkritischen Themen auseinandergesetzt und so wollte ich auch, dass mein Magazin irgendwie in diese Richtung geht. Ich finde, dass sich Design-Studenten viel zu selten kritisch mit ihrer Umwelt auseinandersetzen. Dabei hätten sie die Möglichkeit, den Menschen relevante Inhalte zu vermitteln und sie auf Missstände in unserer Gesellschaft aufmerksam zu machen! Dann habe ich die Fotoserie “Schlafplätze” gemacht, die auch im Heft erschienen ist. Mich hat die Thematik von Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben, schon länger fasziniert. Da ich aber nicht nur von Obdachlosen berichten wollte, habe ich die erste Ausgabe vom Freiraum-Magazin “Outlaw” getauft, um möglichst viele Ausprägungen von Randerscheinungen unserer Gesellschaft aufzeigen zu können. In meinem Magazin wollte ich diesen Menschen freien Raum bieten.

Wie lange hat es von der Idee bis zur Realisierung gedauert?
Alles in allem ungefähr ein Jahr.

War das Zeitungsformat Teil deines Konzepts?
Nicht von Anfang an. Ich habe erst viel herumprobiert und viele verschiedene Entwürfe gestaltet, aber das waren eher konventionelle Magazinformate, die nicht so gut zum Inhalt gepasst haben. Dann habe ich das Zeitungsformat gewählt. Das Papier und die damit verbundene Ästhetik passen viel besser zum Thema “Outlaw”. Von dem Moment an hat es auch mit der Gestaltung besser geklappt, weil ich ein klares Gestaltungskonzept vor Augen hatte.

Siehst du dich eher als Fotograf, Grafiker oder Journalist? 
Von allem ein bisschen! Nein, ernsthaft: Ich habe ja Kommunikationsdesign studiert und mein Hauptaugenmerk liegt definitiv beim Grafikdesign. Aber ich habe mich während meines Studiums und auch privat sehr viel mit Fotografie beschäftigt. Alle Fotos im Freiraum-Magazin habe ich selber gemacht. Das ist auch auf jeden Fall mein Anspruch. Vielleicht kann man mich deswegen auch als Fotograf bezeichnen, wenn es auch nicht wirklich meine Profession ist. Journalist bin ich am wenigsten: Ich habe zwar alle Texte selbst geschrieben, aber ein guter Freund von mir, der kreatives Schreiben studiert, hat sie alle noch einmal lektoriert. Mir macht es zwar Spaß, zu recherchieren, Interviews zu führen und Texte zu verfassen, aber ich denke, das können andere viel besser…

Beschreibe doch bitte das Gefühl, als du das fertige Heft in der Hand gehalten hast.
Das war ein gutes Gefühl! Die ersten Dummies [Probedrucke, Anmerkung d. Red.] von der Druckerei haben mich nicht so sehr überzeugt und ich war eher enttäuscht. Dadurch konnte ich das Heft aber immer weiter optimieren. Als ich dann die Kartons mit den gelieferten Magazinen geöffnet habe war ich zufrieden und bin es jetzt immer noch! Schön ist auch, dass man diesen langen Arbeitsprozess endlich abgeschlossen hat. Auch wenn einem noch tausend Dinge einfallen, die man hätte besser machen können, so ist es befreiend, dass fertige Heft in den Händen zu halten!

Wie geht es weiter mit Freiraum?
Gute Frage! Natürlich möchte ich gerne mit dem Magazin weitermachen, vor allem, nachdem ich jetzt so viel positives Feedback bekommen habe und die erste Ausgabe komplett ausverkauft ist! Da ich mich aber momentan erst einmal anderen Projekten gewidmet habe und ich ja das ganze Heft alleine gestemmt habe, denke ich, dass es noch ein wenig dauern kann, bis die nächste Ausgabe erscheinen wird. Aber das Magazin war auch nicht so konzipiert, monatlich zu erscheinen. Dazu bräuchte man ein Team, um die Inhalte zu generieren. Aber ich bleibe dabei und freue mich über jeden Artikel, jedes Foto und jede Hilfe, die mir angeboten wird!

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Florian Tomaszewski

Upon Paper

Cyan, Magenta, Yellow

Wann bekommt man als Redakteur mal die Gelegenheit, Doppelseiten auf 1 Meter x 0,7 Meter zu gestalten? Und was macht man daraus?

Man macht daraus ein Ereignis, das im Handel keine Gefangenen nimmt. Dafür höher und weiter ist, romantisch und eklektisch, alles und zu viel. Bunter auch, schließlich buchstabiert das Thema dieses Mal C-O-L-O-R. Andere sprachen bei Upon Paper von der “Erotik des Papiers” und einer “bigger than life”-Haptik. Das ist uns, entschuldigung, viel zu schwülstig-feucht. Mit nassen Fingern sollte man ein Magazin auch besser gar nicht anfassen. Aber es stimmt schon: Das Magazin ist erst einmal verdammt groß. Die Ausmaße übersteigen die der Vogue, der N.Y. Review of Books und auch der F.A.Z. Holy Shit!

Orchidee in Pfirsichtönen

Und im (aller-)größten Maße geht es um Design & Kunst, Photographie & Grafik. Farbe ist das alles dominierende Element, aber auch Skulpturen (Nick Knight), Codes (Peter Saville), Aquarellen (Kim Gordon) und viele starke Fotografien – von unter anderen Anita Back. Es ist Wahnsinn in Methode – und mit dem red dot award für Design auch schon gewürdigt worden. Am Ende bleibt mit Upon Paper ein Ereignis in Heftform, das die Krise vergisst und selbst für den Coffeetable schon zu groß ist. Viele Seiten kann sich der Leser dafür an die Wand hängen: abstrakte Kunst, Vögel ausgestopft und drapiert, exotische Blümchen in Pastellfarben.

Warum soll ich das lesen?
Die Größe zählt. Kunst strahlt auf Papier. Keine Kompromisse, von nun an. Und dann wäre da noch Peter Saville, den man dank seiner Arbeiten für Joy Division und New Order kennt und der ein paar wunderbare Seiten für dieses megalomane Magazin designt hat. Upon Paper verspricht vieles auf Leinwandgröße – und löst sein Versprechen ein. Eindrucksvoll.

Risiken und Nebenwirkungen
Du willst dieses Heft lesen, nicht nur deine Wände verzieren. Wofür sich die großformatigen Illustrationen schon sehr anbieten. Und was bekommst du? Haltungsschäden.

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Sven Job

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