EINS EINS EINS sind Lena-F. Naerger, Mirjam Sieger und Linda Moers. Was einst als Studienprojekt mit einem eigenen Magazin begann, ist mittlerweile ein stetig wachsendes, digitales Printarchiv empfehlenswerter Publikationen. Ihr Magazin landete vor einigen Jahren natürlich auch auf unserem Tisch und heute ist ihre Homepage eine feste Anlaufstelle, wenn wir mal wieder Inspirationen brauchen. Warum also die drei nicht einmal nach ihren ganz persönlichen Empfehlungen fragen?
Lena-F., Mirjam und Linda – was lest Ihr?
Mut, Inspiration, Kreativität, Wille, Hingabe, Wandel, Engagement, Lösungen, Intelligenz, Zukunft, Nachhaltigkeit. Dies alles und noch viel mehr steht für enorm. Das Magazin für den gesellschaftlichen Wandel inspiriert und motiviert zur Veränderung und zum Handeln. In jeder Ausgabe werden kleine und große Ideen vorgestellt, die dazu beitragen sollen, eine bessere Welt zu schaffen. Es werden Personen, Vereine und Unternehmen gezeigt, die sich für Menschen, Tiere und unsere Umwelt stark machen, die einen Wandel vorantreiben. Es werden Ungerechtigkeiten und Missstände aufgezeigt und Lösungen diskutiert. enorm ist ein intelligentes Magazin, das uns zeigt, wie wir alle nachhaltig und zukunftsorientiert leben, im Kleinen beginnen, was wir unterstützen und wo wir uns informieren können. Immer wieder entdeckt man weitere Aspekte und erfährt Neues über Wirtschaft, Umwelt, Gesellschaft, Konsum, Bildung und Gesundheit. Durch die Beiträge, Interviews, Veranstaltungshinweise, Buch- und Filmtipps regt einen jede Ausgabe aufs Neue an, bewusster zu leben und sich selbst zu reflektieren.
Schönes Ambiente, harmonische Farben, entspanntes Layout, authentische Persönlichkeiten, stimmige Fotografien und reduzierte Illustrationen. Mit The Weekender fühlt man sich einfach wohl. Abwechslungsreiche Themen wie Wohnen, Reisen. Das Magazin schenkt uns Einblicke und Ausflüge, perfekt also für den entspannten Sonntag auf der Couch oder für die laute, überfüllte U-Bahn im Feierabendverkehr.
Bei Käse und Wein, im Gespräch mit meinem ehemaligen Professor, wurde mir das Gentry Magazin sehr schmackhaft. Dieses Magazin ist ein Gesamtkunstwerk. Aber besonders prägend ist die Covergestaltung. Untypisch und sehr gewagt für Herrenmode in den 50ern, hebt es sich klar von seinen Konkurrenten ab. Herausgeber William C. Segals befand sich mit seinem erstaunlichen Grafikdesign und den zeitlosen Herrenmode auf neuen Wegen. Die Cover bestechen durch Abwechslungsreichtum in Typografie, Form- und Farbfindung. Matisse hat einigen Beitrag dazu geleistet. Sie stehen als Einzelkunstwerke und verweisen selten auf Männermode. Keine Schlagzeilen, keine Prominente, keine Superlative. Sie wirken zufällig, auffällig aber nicht beliebig. Der Wiedererkennungswert ist deutlich. Gehoben, aber nicht abgehoben!
Inhaltlich sind die Magazine gespickt mit detaillierten Stories und Stoffmustern zu neuen Textilien. Da Farben, Formen, Stoffe am besten haptisch erfahren werden, war es in Segals Interesse, Muster seinen Lesern zur Verfügung zu stellen. Segal, ein selbstgemachter Millionär und Verleger, der sein Vermögen mit einem amerikanischen Gewebe-Magazin und ähnlichen Publikationen gemacht hatte. Zu dieser Zeit war die amerikanische Gewebeindustrie auf dem Weg zu einem neuen Zeitalter mit Kunststoffen und garantierte dauerhafte, knitter- und sorglose Kleidungsstücke für das Vergnügen aller. Bügeln sollte nicht länger aufhalten. Gentry zeigt inhaltlich neben Männermode auch Kunst, östliche Philosophien, Speise- und Getränketipps, Stoffe, Geschichte, Literatur, und natürlich Sport. Thematisch dazu passend werden verschieden Papiersorten verwendet. Ganz umfassend ein haptisches Meisterwerk und echtes Sammlerstück.
Zuletzt habe ich einen guten Freund in London aufgefordert, dieses Magazin zu kaufen: Smith Journal. Es ist, als würde man mit geschlossenen Augen in eine Kiste mit allerlei kuriosen Dingen und Geschichten – fein säuberlich aufgeschrieben – greifen, und sich immer wieder neu dabei überraschen lassen, was man diesmal in den Händen hält.
Smith Journal findet und präsentiert unglaublich alltägliche, aber so spannende Geschichten von Gegenständen und Menschen mit ihren Errungenschaften, Erlebnissen und Erfindungen. Ein Artikel handelt von der Schwarzwälder Kuckucksuhr, auf den nächsten Seiten schaut man sich flockige Wolken an und dann geht es um die Gestaltung von Eiswagen. Sehr gut geschrieben, wunderbar gestaltet. Anschauen. Bitte. Unbedingt.
Muh: Auf jeden Fall sehr bayerisch, der Name ist Programm. Aber die Geschichten sind dann trotzdem, wenn auch in Bayern verortet, Geschichten von Welt. Und jeder, der gerne mal Skifahren oder Wandern in den Alpen geht, trifft auf diesen Seiten dann endlich auch mal den Mann, der die Alpenkarten letzten Endes präzise illustriert, damit jeder weiß, wo es eigentlich langgeht. Außerdem beachte man bitte die Kuh auf dem Cover. Es ist niemals die gleiche.
Zum Feierabend gönne ich mir gern ein Glas guten trockenen Weißwein. Es gibt unzählige nichtssagende Weinmagazine. Ganz anders aber Schluck – Das anstößige Weinmagazin. Schluck eröffnet eine ganz neue Welt für Weinliebhaber und Interessierte. Es erzählt Geschichten von Wein und dessen Machern. Es nimmt uns mit auf eine ganz besonders schmackhafte Reise. So ein Interview mit dem Winzer Raimond de Villeneuve. Tolle Bildserien über Weinetiketten von verstorbenen Illustratoren. Und natürlich gehört zu einem guten Wein auch eine gute Speise. Dies wird beispielsweise mit Texten über Massimo Bottura, Italiens berühmtesten Koch, Folge geleistet. Immer wieder werden Disziplinen fernab des Weins im Magazin aufgenommen. Welche Rolle spielt zum Beispiel Architektur? Als aus Berlin stammendes Magazin fokussiert Schluck auch die entsprechende Szene in der Hauptstadt. Sommelier Billy Wagner erzählt über Parallelen zwischen Musik und Wein und liefert eine umfangreiche Musiktitelliste zum Dahinträumen und Genießen. Zum Thema “Bier oder Wein?” hat Greg Koch seine ganz eigene Meinung.
Des Weiteren begleitet mich stets das auch bloggende Schweizer Musikmagazin Zweikommasieben, das uns uns den Rhythmus für die Samstagnacht liefert. Haptik, Optik, Inhalt – ein mitreißender Beat. Zwei Leidenschaften werden hier vereint – die für das gedruckte Medium und jene für die elektronisch experimentelle Tanzmusik. Musik als Gefühlsausdruck, überliefert durch ein Magazin. Zweikommasieben aus Luzern, beschäftigt sich mit dem Hier und Jetzt. “Denn Vergangenheit ist nicht mehr und Zukunft gibt es nicht, bis man sie als etwas Gegenwärtiges erlebt”.
Jede der mittlerweile vierzehn Ausgaben (plus diverse Sonderausgaben) sind eigenständig gestaltet. Die Haptik spielt jedes Mal eine große Rolle. Ob gestrichen, ungestrichen, fadengebunden oder klammerdrahtgeheftet – es geht um Musik, ums Gefühl. Während die Form stets wechselt, gibt es, neben den inspirierenden Interviews mit den Urvätern des Technos und Nachwuchskünstlern, wiederkehrende Kolumnen. Der “Gegenstand” und die “Einwegkamera” sind unterhaltsame Instrumente, die einen gut formulierten Einblick in die Welt der Clubs, die Künstler und deren Arbeitsweise bieten. Auch wenn sich das Magazin um die Luzerner Clubkultur dreht, wird Berlin immer wieder thematisiert.
Die Müllerstraße ist eine Sonderpublikation, realisiert vom Redaktionsbüro Der Wedding unter Julia Boeck und Axel Völker. Das Thema breitet sich auf der benannten Straße und auf einer Länge von exakt 3,5 Kilometern in Berlin-Wedding aus. “Erwarten Sie bitte keine seichte Unterhaltung. Erleben Sie die Straße, wie sie wirklich ist.” Und so beginnen wir mit einer Ode an die Müllerstraße, gefolgt von einem ersten Abriss der Straße in Zahlen. Diese Zahlen scheinen einem dabei so wahllos zuzufliegen, wie man es bei einem Gang durch so eine Straße eben auch erwartet. “5 Jahre beträgt die durchschnittliche Dauer während der in der Müllerstraße mit dem Ladenschild ‘Neueröffnung’ geworben wird.”, “6 Cent kostet das billigste Brötchen”, “40 kg wiegt ein durchschnittlicher Dönerspieß”, “1827 wurde die Müllerstraße nach den 25 ansässigen Müllern benannt”.
Die Müllerstraße ist wahrscheinlich schon vergriffen. Trotzdem taucht es hier auf, um uns alle daran zu erinnern, dass alles, was man in einem Magazin erzählen kann, eigentlich immer direkt vor unserer Nase ist. Man muss nur genau hinschauen.
Die Homepage von EINS EINS EINS findet ihr hier. Vielen Dank, Lena-F., Mirjam und Linda!