Jede größere Stadt scheint mit einer ihr eigenen Eigenschaft behaftet zu sein, die ihr Außenbild bestimmt – mehr oder weniger zutreffend. Hamburg ist gelassen, Köln närrisch, München mondän und Berlin kreativ. Das klischierte Bild von “Latte Macchiato und Laptop” – in der Hauptstadt hat es seinen Ursprung. Berlin ist zum Mekka der modernen Glücksritter und kreativen Spinner geworden. Wer die Digital Bohème sucht, findet sie in den Hinterhöfen und WG-Küchen von Friedrichshain oder Kreuzberg. Ideen sind das Kapital, der HTML-Code die Lebensversicherung. Das Magazin The Hundert feiert diese Zustände bedingungslos ab.
Die Herausgeber sind Jan Thomas und Konstantin Iwanow und betreiben außerdem den Blog Berlin Valley. Thomas und Iwanow wollen mit ihrem Heft ein “Meinungsmosaik” liefern und haben hundert ”Standpunkte zur Online-Hauptstadt Berlin” gesammelt. Diese kommen von Investoren, Medienschaffenden, Unternehmern oder Verbandsvertretern. Kritische Stimmen erwarten den Leser nicht, stattdessen wird in sehr persönlichen Worten der Hauptstadt und ihren (digitalen) Möglichkeiten gehuldigt. The Hundert ist also ein gut gemachtes Werbemagazin, das auf diversen Konferenzen und Veranstaltungen kostenlos verteilt wird, aber natürlich auch in digitaler Form zur Verfügung steht.
Warum soll ich das lesen?
Du kannst danach all den Neidern und Miesepetern, die schon wieder über Berlin nörgeln, Sätze wie diesen um die Ohren hauen: “Es gab noch nie so viel Interesse internationaler Investoren an Co-Investments in Berliner IT-Unternehmen” (Ulrich Kissing). Nimmt das, Hater!
Risiken und Nebenwirkungen
“Steig ein! / Ich will dir was zeigen / Den Platz, an dem sich meine Leute ‘rumtreiben / Hohe Häuser, dicke Luft, ein paar Bäume / Menschen auf Drogen – hier platzen Träume”, hat Sido einst über seine Heimatstadt gedichtet. Der wurde für The Hundert aber nicht gefragt.
Florian Tomaszewski