Für ihre Idee haben die Macherinnen und Macher von Séparée – Erotik ist weiblich die volle Punktzahl verdient: ein Erotikmagazin für Frauen. Während Männer in jedem U-Bahn-Kiosk ihre Tittenblättchen kaufen können (ja, wir wissen alle, Erotik ist viel mehr, aber immerhin!), mussten sich Frauen bisher mit Sextoy-Tests in ausgewählten Frauenmagazinen zufriedengeben und hier und da mal mit einer fragwürdigen Anleitung, wie wir endlich zum Höhepunkt kommen.
Das Hochglanz-Heft ist eingeteilt in drei Themenbereiche: Sehen, Lesen und Vergnügen. Die Themen der Herbst-Ausgabe 2014 sind unter anderem: Burlesque, Pole Dance, Erotisches Dating, Homemade Porno. Knackige Männerhintern, eine erotische Geschichte, Erfahrungsberichte zum Online-Dating und eine Anleitung zum Onanieren – alles dabei. Leider aber auch alles nicht zum ersten Mal.
So sehr also die Androhung des Versands im blickdichten Umschlag antörnt, so nüchtern ist dann das, was man als Leserin in den Händen hält. Es spricht nichts gegen Erfahrungsberichte oder Interviews. Aber mehr als das Wissen, was andere dazu bewegt, sich bei erotischen Datingportalen anzumelden, interessiert uns Leserinnen doch, ob dort auch Platz für unsere Phantasien ist: Kann ich mich trauen, mein Kopfkino anderen dort mitzuteilen? Auf diese Frage bleibt Séparée leider eine Antwort schuldig.
Die Bilderserien sind zwar Hochglanz, aber so auch spätestens seit David Beckham und H&M an jeder U-Bahn-Haltestelle möglich. Und wenn das männliche Model tatsächlich mal in einer interessanten Pose zu sehen ist, wird mal eben schnell das Laken unbeholfen wie über ein altes Möbelstück über den Penis geworfen. Und was ist eigentlich mit den Frauen, für die der Körper einer anderen Frau erst so richtig erotisch ist? Alles Mögliche jenseits von heterosexuellen Phantasien, spielt, wenn überhaupt, nur am Rande eine Rolle.
Zahlreiche Texte sind in der Ich-Perspektive verfasst, was vermutlich eine Art freundschaftliche Beziehung zwischen Leserin und Heft herstellen soll. Leider wirken sie zu sehr konstruiert, in manchen Teilen gar frei erfunden. Beim Lesen überkommt einen schnell eine Art Unbehagen, zu oft hat man den Eindruck, die Autoren tun sich schwer bei dem, was sie vermitteln möchten.
Unabhängig vom Anspruch der Macherinnen muss ein Blatt wie Séparée sich zwangsweise danach beurteilen lassen, ob es Tabus bricht und vielmehr noch: ob es tatsächlich ein Erotikmagazin für Frauen ist. Leider ist das den Macherinnen mit der Herbst-Ausgabe 2014 nur mäßig gelungen.
Warum soll ich das lesen?
Wem Brigitte zu beige und das Missy Magazine zu neonfarben ist, wird sich bei Séparée vermutlich ganz wohl fühlen. Okay, und die Reaktionen der Nebensitzers in Bahn und Bus während der Lektüre sind es auch ein bisschen wert.
Risiken und Nebenwirkungen
Mich jedenfalls überkommt nach der Lektüre von Séparée das zugegebenermaßen pubertäre Bedürfnis, ganz laut zu schreien: Penis Muschi, Penis Muschi, Muschi Penis! Aber vielleicht ist das auch einfach nur ein Zeichen dafür, dass ich mit rund 30 Jahren nicht zur Zielgruppe von Séparée gehöre.
Johanna Forys