Mood

Der eine genießt gern gutes Essen, der andere ist eher musikalisch veranlagt. Warum nicht diese zwei Dinge zu einem Magazin verbinden? Das dachten sich Emma Hovel und Mario VIllar Sanjurjo, als sie Mood aus der Taufe hoben. Nun ist die dritte Ausgabe erschienen, die einen Bogen schlägt von einem Musikfestival im Süden Englands über die Bowling-Kultur in den USA zur kulturellen Szene von Gijón, Spanien. Gerade das letztgenannte Feature ist wie das Magazin selbst: musikalisch und kulinarisch zugleich.

Mood findet seine Geschichten auf der ganzen Welt und vermittelt dennoch das schöne Gefühl, schon einmal da gewesen zu sein – ganz egal, ob das nun Edinburgh, Brooklyn oder Brixton ist. Das Magazin hat, wie viele der neuen Nischen-Magazine, einen alternativen Touch. Dazu tragen die Polaroid-Fotografien, aber auch die kreative Verbindung von Essen und Musik bei. Ein Artikel etwa stellt die Düsseldorfer Spezialität Himmel und Ääd vor: Kartoffeln mit Apfelmus und Blutwurst. Und huldigt damit der Geburtsstätte von elektronischer Musik. Yummy.

Warum soll ich das lesen?
Gute Musik, gutes Essen, gutes Indie-Magazin – auf eines der drei Dinge wirst du ja wohl stehen.

Risiken und Nebenwirkungen
Mood bringt dich auf Ideen, die deinen nächsten Wochenend-Trip zur Weltreise machen.

> Mood online

Sven Job

Das Heft und das Netz: Indiemags

Malte Brenneisen und Urs Spindler haben ihre Master-Arbeit über Indiemags geschrieben.

Print is not dead – im Gegenteil, manchmal scheint es fast so, als liefe es eigentlich nicht schlecht am (globalen) Zeitschriftenmarkt. Wenn auch viele Zeitungen eingehen und etablierte Flagschiffe wie Spiegel und co. an Auflage verlieren –  neue (Nischen-)Magazine kommen in die Kiosk-Regale, die mit jungen Ideen, Qualitätsjournalismus und tollem Layout überzeugen wollen.

Viele neue Möglichkeiten eröffnet dabei das Netz, ob dies nun die Finanzierung durch Crowdfunding ist, die Vernetzung weltweiter Leserschaften und Journalisten, die zu einem Thema zusammen finden oder die Entstehung neuer Communitys, die die Liebe zum gedruckten Heft verbindet.

In der Reihe “Das Heft und das Netz” wollen wir Projekte und Websites vorstellen, national und international.

Wir stellen vor: die Jungs von Indiemags, die Journalisten Malte Brenneisen und Urs Spindler. Wie sehen sie die Zukunft des Hefts zwischen Netz und Papier?

Wie heißt eure Plattform und was macht ihr?
Indiemags.de ist ein offenes Verzeichnis für unabhängige, gedruckte Magazine aus Deutschland. Wir haben die Seite während unserer Masterarbeit am Institut für Journalistik und Kommunikationswissenschaft der Uni Hamburg gestartet. Seitdem ist das Archiv kontinuierlich gewachsen und inzwischen eine der umfassendsten Sammlungen für aktuelle “Independent Magazines” im deutschsprachigen Raum. Auf indiemags.de findet ihr Basisdaten zur Erscheinungsweise, zur Organisationsform und zu den Vertriebswegen von Indiemags, also Magazinen, die unabhängig von einem Großverlag erscheinen.

Wem gehört die Zukunft? Print, Webzines oder Blogs?
Als Kommunikationswissenschaftler müssten wir jetzt das Rieplsche Gesetz auspacken – demnach würden die Magazine womöglich als edles Nischenprodukt erhalten bleiben, so wie das Vinyl im Zeitalter digitaler Soundfiles. Als Journalisten und Magazinfans haben wir natürlich die Hoffnung, das Print in seiner schönsten Form erhalten bleibt. Wir merken allerdings, wie wichtig Online für die Printwelt geworden ist. Submit, Share, Like und Comment – das sind Instrumente, mit denen heute jeder seine Meinung kundtun oder auf seine Weise an der Distribution oder Gestaltung von Inhalten mitwirken kann. Diese Empfehlungs- und Netzwerkkultur ist ein Nährboden für Magazinmacher, egal ob sie gedruckt oder digital unterwegs sind.

Wie sieht der deutsche Indie-Markt aus?
Es gibt eine gewaltige Bandbreite. Die Auflagen gehen von 100 bis zu 100 000 Exemplaren – und die Magazine erscheinen in den kunstvollsten Formen. Bei einigen beobachten wir einen hohen Grad an Professionalität, was daran liegen könnte, dass viele Kreative mit entsprechender Ausbildung und Berufserfahrung am Werk sind. Und die Indiemag-Macher sind ein ziemlich freundlicher und gut vernetzter Haufen.

Viele sagen immer noch, Print sterbe. Gleichzeitig gibt es auch immer mehr Indie-Magazine. Wie erklärt ihr euch das?
Mit dem Revival-Gedanken sind wir auch gestartet und relativ schnell ernüchtert worden. Es hat in jeder Epoche der Neuzeit unabhängige, “kleine” Medien gegeben. Die frühsten Beispiele, die wir gefunden haben, sind Flugblätter aus der Zeit der Reformationsbewegung und der Bauernkriege im 16. Jahrhundert. Dann gab es Zeitschriften des aufstrebenden Bürgertums im 18. Jahrhundert, Zeugnisse der Arbeiterbewegung aus dem 19. Jahrhundert. Von der Wissenschaft viel beachtet wurde in Deutschland auch die Alternativpresse, die sich aus den neuen sozialen Bewegungen in den 1970er und 1980er Jahren entwickelt hat. Auch im Kulturbetrieb (Kunst, Design, Architektur, Mode, Musik) gibt es schon “alte Indies”, die bis heute neben Spiegel und Stern am Kiosk liegen. Kurzum: Einen “Hype” oder ein Revival sehen wir in dem Zusammenhang nicht. Alternative Erscheinungsformen hat es in Print immer gegeben. Was die aktuellen Indies besonders macht, wollten wir in unserer Studie herausfinden.

Könnt ihr bei den Indiemags ein Muster ausmachen?
Wir haben insgesamt 102 Titel hinsichtlich ihrer internen Organisation (Unternehmensform, Finanzierung, Redaktion, Vertrieb) sowie nach inhaltlichen und formalen Kriterien (Material, Format, Themen, Sprache) quantitativ untersucht. Das verbindende Element der untersuchten Zeitschriften ist ihre wirtschaftlich-technische Unabhängigkeit. Den größtmöglichen Handlungsspielraum haben Redaktionen dann, wenn diejenigen, die inhaltlich verantwortlich sind, zugleich die wirtschaftlichen Prozesse des Mediums lenken. Simpler ausgedrückt: Die Chefs sind in einer Person auch die Magazinmacher – egal ob als Herausgeber, Redakteur, Kreativdirektor, Grafiker, etc.

Und noch ein bisschen Statistik: Das Durchschnitts-Indiemag kommt aus einer Metropole wie Berlin oder Hamburg und wird von einem Redaktionsteam ohne ausgeprägte Hierarchie organisiert. Es wurde in den vergangen fünf Jahren gegründet, erscheint viermal jährlich in einer Auflage von durchschnittlich 13 000 Exemplaren, bietet Platz für Anzeigen (Preis für eine Ganzseite: rund 3000 Euro) und kostet im Direktvertrieb etwas mehr als 8 Euro. Es ist tendenziell in einer Umschlagklappe mit Klebebindung broschiert und umfasst 119 Inhaltsseiten im Vollfarbdruck. Es widmet sich insbesondere den Themen Gesellschaft, Politik, Wirtschaft, Sport und Kultur. Es erscheint auf Deutsch und ist auch online recht aktiv: Die Facebook-Seite gefällt im Schnitt 4400 Personen.

Urs und Malte, wir danken euch für’s Gespräch!

Indiemags.de ist ein offenes Verzeichnis. Hier kann jeder selbst Magazine vorschlagen.
Eine Zusammenfassung der Studie in Poster-Form gibt es hier.

Das Gespräch führte Sven Job

Gee

Spieletests, Komplettlösungen, Cheat-Tabellen und ein Poster von Lara Croft für die Wand – so sieht bis heute die typische Zeitschrift für den Computer- und Videospieler aus. Gee versuchte, das zu ändern. Im Oktober 2003 gab ein Magazin sein Debüt, das auf Prozent-Wertungen und digitale Leistungsvergleiche verzichtete. Und nun wird mit einer Sonderausgabe zum zehnten Geburtstag ein Schlussstrich gezogen: Es geht um Aufstieg und Fall einer Idee.

Sicher werden auch dieses Mal neue Spiele vorgestellt – nur eben, ganz Gee-typisch, ausführlicher und weniger auf die technischen Aspekte fixiert als anderswo. Die Redakteure blickten über den Tellerrand der digitalen Abenteuerwelten und in sich hinein: Was macht ein Spiel mit dem, der es erlebt? Welche Gefühle, Erkenntnisse, Benefits ergeben sich daraus? Über das Drucken von profanen Spieletests ging das immer hinaus, denn Gee wollte in Deutschland so etwas wie Spielejournalismus etablieren. Und nach zehn Jahren fassen die Verantwortlichen zusammen, dass sie mit diesem Vorhaben gescheitert sind. Zumindest in gedruckter Form ist das Konzept nicht überlebensfähig, sieht man von Ausnahmen wie dem Nischen-Bookzine WASD oder dem puren Nostalgie-Heft Retro Gamer mal ab.

Die Akzeptanz für Videospiele ist in der letzten Dekade immens gestiegen: Nicht nur Nerds und Kids spielen, sondern die ganze Familie. Und die gesellschaftliche Relevanz von weltweiten Blockbustern wie GTA V kann niemand bestreiten. Ist da die Zeit nicht reif für einen Feuilleton der Videospielkultur, fragen sich Kultur-Journalisten in dieser Ausgabe ein vorerst letztes Mal. Oder müssen wir noch länger warten? Braucht Deutschland dafür kein eigenes Magazin? Finden entsprechende Texte nur noch auf Blogs statt? Das Interview am runden Tisch lässt einen ratlos zurück, denn die Antwort scheint keiner zu kennen.  Beendet wird die Diskussion mit vorsichtigem Optimismus: “Vielleicht gibt es in zehn Jahren wieder eine Zielgruppe für so was hier.” Das wäre doch schön.

Warum soll ich das lesen?
Weil Gee Dich als Videospieler ernst nimmt.

Risiken und Nebenwirkungen
Gewöhn’ Dich besser nicht zu sehr an dieses Magazin. Neue Ausgaben wird’s nicht geben.

> GEE online

Sven Job

Teller

Wahrscheinlich kennt das jeder von uns: Du setzt dich mit einem guten Freund für einen Kaffee zusammen. Es ist schon etwas länger her, seit ihr euch das letzte Mal gesehen habt und darum habt ihr einiges aufzuholen. Und mit Erschrecken stellst du fest, wie schnell es passiert, dass man nicht mehr auf dem Laufenden ist und wie schnell man sich auch aus den Augen verlieren kann.

Teller ist ein Magazin über das Leben. Über jenes, das beiläufig passiert, während du darauf wartest, dass etwas Großes passiert. Oder deine nächste Reise planst. Oder darauf wartest, dass sie oder er wieder anruft. In Teller hat alles seinen Platz, was anderswo nicht reinpasst: Ein Fotoessay zeigt angehende Handwerker auf ihrer Wanderreise durch Deutschland. Eine Kurzgeschichte erzählt von einem jungen Soldaten in Frankreich. Ein Fotograf nimmt in Schnappschüssen Abschied von seiner ersten Liebe. In Teller sammeln sich kleine Erinnerungen, die einem nicht bekannt vorkommen und trotzdem berühren.

Warum soll ich das lesen?
Wenn der Latte Macchiato getrunken ist, werdet ihr euch verabschieden, bis bald. Dieses Mal aber nicht so lange warten, hörst du? Und du wirst ein letztes Mal denken, dass gerade die kleinen Geschichten, die nebensächlichen Details, das Beste an diesem Treffen waren. Mit diesem Magazin ist es genauso.

Risiken und Nebenwirkungen
Das nächste Mal sieht man dich nicht mit deinem Freund im Café. Sondern mit Teller.

> Teller online

Sven Job

Introducing: Anikibo, a marketplace for magazines

Print is not dead – not at all. There is a lot going on, while online is opening up new opportunities. Introducing Deborah Causton, who transforms her passion for magazines into a venture – Anikibo.

Can you tell us about your platform? What is your approach?
Anikibo is a peer to peer marketplace for independent publishers of magazines, zines and comics. We’ll also open up for books at some point in the future. The idea for the marketplace was to facilitate a one-stop shop for customers to discover new titles from around the world and make it easier for titles to be found whilst ensuring a larger percentage of the profits remain with the publisher.

What is the future? Print, webzines, blogs or all mixed in?
The market is interesting right now, plenty of publications are testing out new ideas, pushing out print whilst embracing digital. Each delivery medium is relevant in its own right, it‘s old technologies vs new, nostalgia vs new possibilities. Ultimately it will be the consumer who decides how they want their content delivered. Personally, I very much hope that print remains strong within that mix.

Name five Zines worth reading and why!
Ummm, 5 that’s tough. A traditional magazine I cherished was The Word, unfortunately a casualty of the digital age, it was truly a vice – I loved the writing and the subject matter. Another I’ve always admired is Paper Jam out of Luxembourg. In its execution, it is without question, the sexiest looking business magazine you’ll ever find. Save the Princess is a colour photocopied zine It just makes me smile every time I open it out. I have no idea who made it – if it was you, reading this, “Thanks”! If you can find a copy Selected Business Correspondence by Andrew Kaufman, it’s not a magazine per se but just an excellent example how anything can be made into something that delights! It is a collection of antique business letter correspondence collected by the publisher. Recently released It’s All In the Delivery is a new kid on the block. Worthy of a mention as so much care was taken in the production, the paper differences, the format. It’s these kind of things that makes me love print.

“You simply can’t imitate a large format photographic coffee table book in digital terms.”


There’s some talk about a “print revival”. Your thoughts on it?

I do believe that print will make a comeback. Not in terms of mass media, nor will it ever rule the roost again in terms of content distribution. But by way of nostalgia and digital fatigue – this will drive a revival.

“Print is dying” is still a commonplace fact for some. You opinion on this?
The ‘print is dead’ debate reared its head from as early back as 1999. Sure it’s not what it was, sure it will have to find new and innovative ways to keep up with the accessibility and distribution possibilities of digital, but if we never cared about the way content was delivered then everything would have come as photocopied pages stapled together. The diversity of print techniques and papers are yet to be replicated in digital terms. You simply can’t imitate a large format photographic coffee table book for example. As long as there are people wanting to purchase such things, print won’t die!

Thanks, Deborah!

> Anikibo online

Deborah Causton has been working in the creative and then the online industry since hot marching out of university well over a decade ago. She ran a magazine and has by-lined her professional life with various creative projects. Anikibo was born of a passion for printed material and the frustration of not being able to bring home everything of newly discovered materials from trips abroad. Spending the last 10 years building websites it was time to merge the two avenues of her creative and digital life. Anikibo is the result of this.

Interview by Sven Job

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