Über 300 Seiten dick, aber in einem handlichen Format, das wunderbar in den Backpack-Rucksack oder wahlweise die Handtasche passt – und trotzdem wäre das neue Magazin Lost fast nie bei uns angekommen. Das dachten wir uns zumindest, bis nach langer Wartezeit endlich dieses Paket im Briefkasten lag, über und über mit bunten Briefmarken zugeklebt. Es ist ein weiter Weg aus Shanghai bis ins beschauliche Köln!
Aber das Warten hat sich gelohnt. Lost handelt vom Reisen, über die Begegnungen mit Menschen und wie es sich anfühlt, fremde Kulturkreise kennenzulernen. Dabei geht es aber nicht um die Jagd nach dem weißesten Strand, dem tollsten Dubai-Selfie oder der verrücktesten Kanu-Fahrt im Kongo, um damit später in Facebook anzugeben. Nein, bei Lost geht es um das Verloren-Gehen, denn hier ist der Weg das Ziel.
Die erste Ausgabe ist vollgepackt mit Geschichten von Reisenden, die sich auf eigene Faust durchschlagen, um Land und Leute kennenzulernen. Und auf ihren abenteuerlichen Trips Erfahrungen machen, mit denen sie selbst am wenigsten gerechnet haben. So erzählt ein Mann, wie er sich als einziger ausländischer Tourist mitten im Arabischen Frühling in Kairo wiederfand – und erst mal damit klarkommen musste, was das bedeutet, “Ausgangssperre”. Und eine junge Frau erzählt, was sie bei ihrer Reise durch Japan erlebte – dass die meisten Japaner kein Englisch sprechen, hielt sie nicht davon ab, neue Freundschaften zu schließen, selbst wenn sie sich dafür mit Hand und Fuß mitteilen musste. Diese Erzählungen machen Lost aus und sind zugleich weit entfernt von Pauschalreisen mit Animationsprogramm. Aber dafür umso aufregender.
Die Texte sind in englisch und chinesisch gehalten und die wunderschönen Reise-Fotos von Lhasa, Osaka, Vietnam, den Pyramiden oder dem Gelben Meer ergänzen diese Reiseberichte auf angenehme Art. Sie sind nicht perfekt und nicht geschönt, auf manchen ist die einsame Schönheit der Natur zu sehen, andere sind verwackelte Schnappschüsse von flüchtigen Bekanntschaften oder vergilbte Familienfotos.
Lost weckt die Lust, sich auf eine Reise zu begeben, irgendwohin, wo man noch niemals war. Und sich dabei selbst besser zu verstehen. Oder, in den Worten des Magazins: “Travelling can be an opportunity to let us abandon ourselves, face the world, open a path, humble ourselves, and to bring back what we have gained.”
Warum soll ich das lesen?
Wer verloren geht, kann auch gefunden werden.
Risiken und Nebenwirkungen
Das kann auch mal eine Weile dauern.
Sven Job