“In Graphics: adiós al texto, ¡vivan las infografías!”
– marketingdirecto
Ich gebe es zu, ich will Buße tun. Bis jetzt war ich einfach nicht überzeugt davon: es ist bunt und schmutzig, vieldeutig und kreativ. Aber auch verschwenderisch und maßlos. Es war eben einfach, skeptisch zu sein, wenn von Berlin die Rede ist.
Das trifft alles auch auf dieses Magazin zu, das man eigentlich nicht mehr als ein solches bezeichnen kann. Zu opulent, ausführlich, präzise, farben- und natürlich graphenverliebt erscheint die dritte Ausgabe von In Graphics. Und um auf den Berliner Einstieg zurückzugreifen: Die bundesdeutsche Hauptstadt hat meine Demut verdient, die Skepsis ist verflogen. Schließlich ist es nirgendwo sonst möglich, ein derart zeit- und kostenintensives Projekt hochzufahren und über die Debütausgabe hinaus zu halten. Versteht sich von selbst, dass In Graphics seinen redaktionellen Sitz eben dort hat. Und nirgendwo sonst stehen die kreativen Ressourcen zur Verfügung, nirgendwo sonst lässt es sich so leicht (über-)leben und produzieren wie kurz vor Polen.
Dieses Magazin lebt über seine Verhältnisse
Auf 90 Seiten geizt das Magazin mit – gar nichts. Manche Grafiken sind abstrakt, da braucht es dann nicht mehr als einige Grundfarben, um Zusammenhänge aus Politik, Wissenschaft oder Kultur darzustellen. Die könnten so auch in der taz oder der Financial Times stehen. Andere sind Pop Art oder haben eindeutigen Comic-Stil. Das erinnert dann an die Seiten, die man auch im ZEIT-Magazin immer als erstes gelesen hat. Dazu kommen technische Illustrationen, wie sie in jedem WAS IST WAS Buch zu finden sind. Das Titelthema etwa ist ein Querschnitt der glorreichen RMS Titanic, vom Promenadendeck bis zu dem Kesselräumen. Der Eisberg lacht schon vorne auf dem Cover.
Es ist ein sehr schön gemachtes Magazin für eine Nischengruppe; “A magazine for visual people”, wie auf dem Cover steht. Aber warum eigentlich? Visuell sind wir doch wohl alle. Und tatsächlich geht es auch inhaltlich so bunt zu, dass wohl für jeden was dabei sein dürfte. Auf Seite 30 wird die Raumstation ISS graphisch auseinander genommen, später im Heft dargestellt, wie ein typisches Frühstück in Spanien, Schweden oder Ägypten aussieht. Das Meisterstück ist eine Auflistung aller James Bond-Filme, inklusiver Bondgirls, Explosionen und Handlungsorten. Ein maßloses Unternehmen, das alles für alle 23 Filme mitzuzählen und in Diagramme zu pressen. Maßlos und verrückt, ein bisschen wie dieses Magazin. Sollen doch alle nach Berlin gehen. Die In Graphics kann man sich dafür nach Hause bestellen.
Warum soll ich das lesen?
Du erkennst, dass Wissensvermittlung nicht immer so nüchtern sein muss wie im Diercke Atlas oder bieder wie in jedem WAS IST WAS. Du wirst keiner Statistik mehr trauen.
Risiken und Nebenwirkungen
Du wirst keiner Statistik mehr trauen.
Sven Job