Where the streets have a name. Eigentlich besprechen wir ja immer nur eine Ausgabe eines Magazins. Für Flaneur machen wir eine Ausnahme und nehmen uns auch der zweiten an. Warum? Weil diese noch voluminöser und eindrucksvoller als das schon imposante Debüt daherkommt und damit zu reizvoll für unsere verführbaren Seelen ist.
Das Prinzip bleibt dabei dasselbe: Den Inhalt gibt eine ausgewählte Straße vor. Nach der Kantstraße in Berlin hat sich das Team um Flaneur nun auf die Georg-Schwarz-Straße in Leipzig begeben. Da in informierten Kreisen Leipzig ja als das neue Berlin gilt, also nur konsequent. Die historische Straße im Westen der Stadt erfährt auf mehr als 160 Seiten eine kreative Würdigung, wobei dem Einfallsreichtum keine Grenzen gesetzt werden. Die Straße, das Magazin – beide stecken voller Leben und erfordern die volle Aufmerksamkeit des Betrachters.
Wie schon die erste Ausgabe von Flaneur erscheint auch diese bei einem flüchtigen Blick, bei der ersten Sichtung rätselhaft und abstrakt. Nach und nach jedoch legt sich ihr Zauber frei, offenbart sich ihre gestalterische Kraft. Zu Recht wurde das Team für den diesjährigen D&AD-Award nominiert. Natürlich gibt es in diesem Kreativ-Rausch aber auch zugängliche Artikel und eine beigelegte Übersetzung ausgewählter Texte ins Deutsche.
Es findet sich Aufschlussreiches über oppositionelle Jugendgruppen (“The Leipzig Packs”) während der NS-Zeit, deren größte Gruppe “Meute Reeperbahn” sich bis zu ihrer Zerschlagung auf der Georg-Schwarz-Straße traf. Schwarz-Weiß-Fotografien zeigen die Orte und Zeitzeugen führen dem Leser die damalige Zeit vor Augen. Auch Ladenbesitzer und Bewohner der Georg-Schwarz-Straße werden porträtiert, denn es sind ja immer noch die Menschen, die eine Straße zu dem machen, was sie ist.
Für die dritte Ausgabe hat die Redaktion übrigens Deutschland verlassen und sich nach Montreal aufgemacht. Wir sind gespannt, was auf internationalem Terrain passiert und lassen uns gerne ein drittes Mal verführen.
Warum soll ich das lesen?
Weil Du die erste Ausgabe verpasst oder verschlungen hast. Nachholen oder Nachschlag.
Risiken und Nebenwirkungen
Manches in Flaneur bleibt für Dich auch trotz mehrmaliger Lektüre rätselhaft. Aber man muss ja auch nicht alles wissen…
Florian Tomaszewski