Die erste Ausgabe von Freiraum ist ganz das Werk von Johannes Fiola. Im Rahmen seiner Bachelorarbeit an der Fachhochschule Dortmund entstanden, hat er sämtliche Texte geschrieben, Fotos geschossen und auch das Layout des Magazins gestaltet.
Freiraum soll von den unkonventionellen Lebensentwürfen erzählen, von extremen Gedanken und von jenen, die gesellschaftliche Normen hinterfragen, sie möglicherweise sogar ignorieren. Die erste Ausgabe trägt bezeichnenderweise auch den Titel “Outlaw”. Dabei verfällt Fiola zum Glück nicht seinem romantischen Klang. Wenn der alkoholabhängige Georg in seiner kargen Bleibe sitzt und aus seinem Leben erzählt, dann lauschen wir keinem coolen Rebellen, sondern einem, der in dieser Gesellschaft einfach keinen Platz mehr findet. Einen ähnlichen Eindruck hinterlässt die Bilderstrecke “Schlafplätze”: Nischen kleinstmöglicher Privatheit am Rande einer Bundesstraße oder unterhalb einer Brücke, nüchtern festgehalten und dadurch umso unangenehmer. Am ehesten entsprechen wohl noch Wolfgang Wendland, Sänger der Punkband “Die Kassierer”, und der Sprayer Taps unserem Bild des wilden Lebens am Rande der Gesellschaft. Beide werden von Johannes Fiola interviewt.
Häufig scheinen die Berichte auf zufälligen Begegnungen zu basieren, etwas wenn Fiola den Bruder eines streng gläubigen Moslems in der Bar trifft, in der er selbst arbeitet, oder nach einem Clubbesuch am frühen Morgen über eben jenen Georg stolpert. Als Obdachloser schlägt der Autor sich in Gonzo-Manier sogar selbst einige Tage durch München. Die Thematik des Andersseins wird durch den schwarz-weißen Zeitungslook und das reduzierte Design unterstrichen. Johannes Fiola hat uns einige Fragen zu seinem Magazin beantwortet.
Wie ist die Idee zu dem Heft gekommen?
Dass ich ein Magazin als Abschlussarbeit machen wollte, war mir eigentlich schon länger klar. Ich konnte mich nur nicht auf ein Thema festlegen. In der Vergangenheit habe ich mich häufig mit sozialkritischen Themen auseinandergesetzt und so wollte ich auch, dass mein Magazin irgendwie in diese Richtung geht. Ich finde, dass sich Design-Studenten viel zu selten kritisch mit ihrer Umwelt auseinandersetzen. Dabei hätten sie die Möglichkeit, den Menschen relevante Inhalte zu vermitteln und sie auf Missstände in unserer Gesellschaft aufmerksam zu machen! Dann habe ich die Fotoserie “Schlafplätze” gemacht, die auch im Heft erschienen ist. Mich hat die Thematik von Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben, schon länger fasziniert. Da ich aber nicht nur von Obdachlosen berichten wollte, habe ich die erste Ausgabe vom Freiraum-Magazin “Outlaw” getauft, um möglichst viele Ausprägungen von Randerscheinungen unserer Gesellschaft aufzeigen zu können. In meinem Magazin wollte ich diesen Menschen freien Raum bieten.
Wie lange hat es von der Idee bis zur Realisierung gedauert?
Alles in allem ungefähr ein Jahr.
War das Zeitungsformat Teil deines Konzepts?
Nicht von Anfang an. Ich habe erst viel herumprobiert und viele verschiedene Entwürfe gestaltet, aber das waren eher konventionelle Magazinformate, die nicht so gut zum Inhalt gepasst haben. Dann habe ich das Zeitungsformat gewählt. Das Papier und die damit verbundene Ästhetik passen viel besser zum Thema “Outlaw”. Von dem Moment an hat es auch mit der Gestaltung besser geklappt, weil ich ein klares Gestaltungskonzept vor Augen hatte.
Siehst du dich eher als Fotograf, Grafiker oder Journalist?
Von allem ein bisschen! Nein, ernsthaft: Ich habe ja Kommunikationsdesign studiert und mein Hauptaugenmerk liegt definitiv beim Grafikdesign. Aber ich habe mich während meines Studiums und auch privat sehr viel mit Fotografie beschäftigt. Alle Fotos im Freiraum-Magazin habe ich selber gemacht. Das ist auch auf jeden Fall mein Anspruch. Vielleicht kann man mich deswegen auch als Fotograf bezeichnen, wenn es auch nicht wirklich meine Profession ist. Journalist bin ich am wenigsten: Ich habe zwar alle Texte selbst geschrieben, aber ein guter Freund von mir, der kreatives Schreiben studiert, hat sie alle noch einmal lektoriert. Mir macht es zwar Spaß, zu recherchieren, Interviews zu führen und Texte zu verfassen, aber ich denke, das können andere viel besser…
Beschreibe doch bitte das Gefühl, als du das fertige Heft in der Hand gehalten hast.
Das war ein gutes Gefühl! Die ersten Dummies [Probedrucke, Anmerkung d. Red.] von der Druckerei haben mich nicht so sehr überzeugt und ich war eher enttäuscht. Dadurch konnte ich das Heft aber immer weiter optimieren. Als ich dann die Kartons mit den gelieferten Magazinen geöffnet habe war ich zufrieden und bin es jetzt immer noch! Schön ist auch, dass man diesen langen Arbeitsprozess endlich abgeschlossen hat. Auch wenn einem noch tausend Dinge einfallen, die man hätte besser machen können, so ist es befreiend, dass fertige Heft in den Händen zu halten!
Wie geht es weiter mit Freiraum?
Gute Frage! Natürlich möchte ich gerne mit dem Magazin weitermachen, vor allem, nachdem ich jetzt so viel positives Feedback bekommen habe und die erste Ausgabe komplett ausverkauft ist! Da ich mich aber momentan erst einmal anderen Projekten gewidmet habe und ich ja das ganze Heft alleine gestemmt habe, denke ich, dass es noch ein wenig dauern kann, bis die nächste Ausgabe erscheinen wird. Aber das Magazin war auch nicht so konzipiert, monatlich zu erscheinen. Dazu bräuchte man ein Team, um die Inhalte zu generieren. Aber ich bleibe dabei und freue mich über jeden Artikel, jedes Foto und jede Hilfe, die mir angeboten wird!
Florian Tomaszewski