Jeder kennt die bunten Steine aus seiner Kindheit. Lego, das ist was für Kinder. Oder?
Stimmt nicht. Denn was früher dem Familienvater die Eisenbahn im Keller war und seinem Vater davor die Briefmarkensammlung, das ist heute für viele Lego. Nämlich ein Hobby, dem ich mich auch als Erwachsener widmen darf.
Seit 15 Jahren hat sich eine Szene erwachsener Bastler und Sammler entwickelt, die sich in Clubs organisieren und auf Conventions zusammenkommen. Zu finden sind AFOLs (Adult Fan of Lego) eigentlich überall, aber in den Staaten, UK und Deutschland sind sie besonders präsent. Klingt erst einmal alles total geeky, kennt man ja von Star Trek-Fans, die sich verkleiden, von Rollenspielern, die sich zu Brettspielabenden mit Kerkern und Drachen verabreden. Auch hier geht die Geek-Rechnung auf, oberflächlich betrachtet. Spielzeug und Star Wars: Wie sich zeigte, passen diese beiden Fan-Lager sehr gut zusammen. Eigentlich total logisch.
Mit Bricks ist nun in UK ein Magazin erschienen, das die Begeisterung für die kleinen Steine auf eine neue Ebene hebt. Denn es richtet sich explizit an die erwachsenen Spieler, Konstrukteure und Sammler. Hier gibt’s keine Comics, keine Gimmicks, keine Verweise auf die Animations-Serien, die mittlerweile zum Franchise gehören wie der rote Stein mit acht Noppen.
Sondern: Ausführliche Berichte zu neuen Sets, etwa ein Star Wars Wookie-Ship oder ein riesiger Flugzeugträger (der “Helicarrier”) aus dem Avengers-Franchise. Aber Bricks ist kein Werbeheftchen für neues Spielzeug. In ausführlichen Interviews erzählen Fans von ihrem Hobby und zeigen ihre Konstruktionen, etwa Düsenjets und alte Formel 1-Chassis. Und die sind oft viel aufwändiger, detailreicher und komplexer als “echte” Sets von Lego, die man in jedem Geschäft kaufen kann. Natürlich finden aber auch die Beachtung, z.B. beim Blick zurück zum legendären Gelben Ritterschloss aus den frühen Achtzigern. Lego ist nicht nur eine Möglichkeit, sich kreativ auszutoben, es ist immer auch eine große Nostalgie-Kiste.
Mit 120 Seiten liegt Bricks gut in der Hand, in einem anständigem (vielleicht etwas zu vollgestopftem) Layout und mit ernsthaftem Zugang zum Thema. Kann man sich tatsächlich auf den Couchtisch neben den Spiegel legen. Falls den noch jemand liest.
Warum soll ich das lesen?
Bier brauen, Topflappen häkeln, Sternenzerstörer bauen: Jeder braucht ein Guilty Pleasure. Das hier wäre doch ein guter Anfang.
Risiken und Nebenwirkungen
Wenn Du nachts auf dem Weg zur Toilette auf einen Lego-Stein trittst, tut das immer noch genauso weh wie vor 20 Jahren.
Die zweite Ausgabe von Bricks ist soeben erschienen.
Sven Job