Mit der Nostalgie ist das so eine Sache. Sie wärmt, versperrt aber auch den Blick. Früher war alles besser: Wer dem Gestern verfällt, wird blind für das Neue, Aufregende, für jetzt und hier. Für die Zukunft. Aber: Nostalgie kann auch Spaß machen.
Blast from the past
Fangen wir noch einmal von vorne an: Retro Gamer – übrigens ein britisches Magazin, das für den deutschen Markt behutsam lokalisiert worden ist – richtet sich an alle, die digitalen Spielspaß und technische Spezifikationen voneinander zu trennen wissen. An jene, die ihre Freude haben an Sprites und 16-Bit-Grafiken, an obskuren Spielekonsolen aus uralten Zeiten, Joysticks und Textadventures. Und, na ja, auch an die, die glauben, dass die Spiele gestern und vorgestern sowieso viel besser waren. Retro Gamer gibt dieser Gruppe kräftig Futter. Früher, ja früher waren die Spiele noch simpler gestrickt und die Grafiken kamen mit geordneten 256 Farben zurecht. Toll!
Doch Moment – das stimmt so ja alles nicht. Erstmal behandelt Retro Gamer mehrere Dekaden der Videospielkultur und erstreckt sich dabei über alle möglichen Systeme und Nischenprodukte. Die Erfahrungen, die in diesem Bookzine mit seinen 260 Seiten in Interviews, Bildstrecken und Spiele-Auflistungen gesammelt werden, sind so zahlreich und divers, farbenfroh und variantenreich wie die Welt der Videospiele selbst, der mit Retro Gamer ein doch kompetentes und frisch gemachtes Denkmal gesetzt wird. Der schiere Umfang dieses Wälzers sorgt für Respekt – doch dafür soll er auch nur alle drei Monate erscheinen. Wer sich für die Geschichte der digitalen Spielekultur interessiert, darf ohne zu zögern zugreifen. Und all jene, die es aus purer Nostalgie kaufen, um sich noch einmal in ihrer eigenen Kindheit zwischen ColecoVision und Playstation zu suhlen – macht euch auf was gefasst.
Warum soll ich das lesen?
Mama sagt, du sollst nicht immer vor der Xbox sitzen. Easy.
Risiken und Nebenwirkungen
Bald stehen in deinem Zimmer auch noch eine Dreamcast und ein C64 – beide auf dem Flohmarkt gefunden.
Sven Job