Zeig mir deinen Kühlschrank und ich sag dir, wer du bist. Neben einem gut sortierten Plattenschrank und einer aussagekräftigen Bücherwand, sollte der moderne Großstädter auch in der Küche exquisiten Geschmack beweisen. “Guacamole” kann mittlerweile selbst der Küchenlaie im Schlaf buchstabieren, genauso wie die Garzeiten für Rind, Schwein oder Kalb auch im Fieberwahn noch abgefragt werden können. Eine kochende Gesellschaft wird nicht nur durch unzählige TV-Formate bedient, sondern auch durch eine riesige Auswahl auf dem Printmarkt.
Seit 2008 erscheint von Hamburg aus Effilee, das 2004 als reine Online-Plattform namens Kochpiraten gegründet wurde. Aus der Masse an Veröffentlichungen, die sonst zum Thema im Zeitschriftenregal ausliegen, sticht Effilee nicht nur dank seiner kreativen Cover hervor (in diesem Jahr übrigens auch für einen LeadAward nominiert), sondern auch inhaltlich setzt sich das Magazin von den üblichen Rezeptsammlungen im Heftformat ab. Mit seinen Reportagen schaut Effilee über den Rand des Kochtopfes und wird damit auch für Leser interessant, die den Kochlöffel üblicherweise nur zum Anziehen der Schuhe gebrauchen.
Die aktuelle Ausgabe wirft beispielsweise einen Blick auf Kairos Kaffeehäuser und ihre Rolle in der ägyptischen Revolution. Solche Reportagen sucht man in anderen Food-Magazinen häufig vergebens. Frühere Ausgaben haben auch schon über Magersucht, EU-Bürokratie und den rechten Rand der Bio-Szene berichtet. Aber natürlich hat das Magazin auch das leibliche Wohl seines Lesers im Blick und bietet jede Menge Rezepte an, deren Präsentationen wahrlich appetitanregend sind. Warum sonst trägt das Heft auch den Titel “Magazin für Bauch und Umfang”? Guten Hunger wünschen wir.
Warum soll ich das lesen?
Auf Dauer werden Dosenravioli eintönig. Das muss selbst du feststellen.
Risiken und Nebenwirkungen
Das, was da nach zwei Stunden Arbeit auf deinem Teller liegt, sieht irgendwie anders aus als die Abbildung im Magazin. Die Dosenravioli waren wenigstens immer ehrlich zu dir.
Florian Tomaszewski