Blown Covers

Für gewöhnlich befassen wir uns mit den Magazinen, die auf unserem Schreibtisch landen. Die finden wir dann mal kreativ und gewagt, mal frisch oder abgeschmackt; das Heft ist neu, nicht ganz so neu, aus einem Indie-Verlag oder ein neu aufgelegter Klassiker. Gemein haben sie aber alle eines – jeder kann sich das Heft im Anschluss im Zeitschriftenhandel oder online bestellen. Viel interessanter ist oft, was wir eigentlich nie zu sehen bekommen – ein zu heikles Cover oder eine abgelehnte Titelgeschichte. Eben alles, was nie in den Druck geht und in den Giftschränken der Redaktionen verschwindet.


New Yorker Covers You Were Never Meant to See

Das altehrwürdige Magazin The New Yorker hat so einen Giftschrank, auch wenn es nur eine Bürowand der Art Directorin Françoise Mouly ist. Viele Illustrationen, die es nie auf den Titel des Heftes geschafft haben, finden sich nun in Blown Covers versammelt. Die Motive decken dabei so ziemlich jedes Thema ab, dass die Vereinigten Staaten von den 1990er Jahren bis heute bewegte: Schwulenrechte, 9/11, die Lewinsky-Affäre, Barack Obamas Präsidentschaft, Rassismus, Religion und Amerikas Rolle in der Welt. Da ist beißende Satire, Spott und Political Incorrectness beinahe vorprogrammiert.


Die Karikaturen stammen von illustren Künstlern wie Art Spiegelman (der für den Holocaus-Comic “Maus” den Pulitzer-Preis gewann) oder Robert Crumb (“Fritz the Cat”). Auch die Kollegen von z.B. MAD, Newsweek und The Economist haben ihren Auftritt. Beim Vergleich der Cover wird deutlich, auf welch unterschiedliche Weise sich ein Thema veranschaulichen lässt. Die Tötung Osama Bin Ladens und die anschließende Verstreuung seiner Asche im Indischen Ozean ist so ein Beispiel. Während das Nachrichtenmagazin TIME ein mit Blut durchgestrichenes Porträt zeigt (und damit auf ein ähnliches Motiv mit Adolf Hitler anspielt), zeigt die Variante von The New Yorker auf den ersten Blick: nichts. Und auf den zweiten Blick die blutigen Überreste der Bestattung auf dem Meer. Clever.

Warum soll ich das lesen?
Beim Durchblättern merkst Du schnell, welch teilweise brillanten Titelvorschläge es nie in den Druck geschafft haben. Eigentlich schade, dass ein Buch wie Blown Covers überhaupt notwendig ist.

Risiken und Nebenwirkungen
Du kommst Dir auf einmal sehr intellektuell, weltgewandt, wohlsituiert und anderen überlegen vor. Und dabei hast Du noch nicht eine Seite des New Yorkers gelesen.

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Sven Job