Unter den vielen Straßenmagazinen, die es hierzulande gibt und von denen wir uns eine kleine Auswahl bereits angesehen haben, nimmt Hinz&Kunzt in gewisser Weise eine Ausnahmeposition ein. Mit durchschnittlich 64 000 Exemplaren ist das Hamburger Magazin, laut Eigenaussage, das auflagenstärkste unter den rund 40 Straßenmagazinen in Deutschland. Dabei verbindet Hinz&Kunzt Tradition und Stil mit sozialem Interesse, verliert dabei Kultur und Politik aber nie aus den Augen.
20 Jahre Aufstehen statt Aufgeben
Dieses Konzept hat Erfolg. Nicht zuletzt deswegen darf das Straßenmagazin 2013 sein 20-jähriges Bestehen feiern. Informationen, die vor allem Obdachlose betreffen, stehen neben Veranstaltungstipps, einem Kunstporträt des Malers Felix Eckardt und einer Reportage über eine Demenz-Kampagne.
Auffällig ist aber vor allem das Layout, die entspannte Art, das Heft zu gliedern. Wenn nun jedes Straßenmagazin auch Kind seiner Stadt ist, dann ist Hinz&Kunzt: nordisch nüchtern, aber mit Herz, aufgeräumt, aber mit Verve, fest verankert in seinem Erscheinungsort. Dahinter steht im übrigen die Diakonie, der evangelische Wohlfahrtsverband. Ein bisschen ist es damit auch deren Sprachrohr, etwa in einem Text der Diakonie Hamburg zum Thema Wohnungsnot. Außerdem ist Hinz&Kunzt mit dieser Unterstützung im Rücken zu einer Art Marke geworden – es veranstaltet einen “Hinz&Kunzt-Kabarett-Gipfel”, unterhält eine Notunterkunft unter dem Namen, und gibt sogar einen eigenen Stadtführer heraus. Die Hanseaten wissen eben, wie man eine Marke präsentiert und seine Sache clever an den Mann bringt.
Steht man anderswo der Werbebranche skeptisch gegenüber, gibt die Redaktion hier offen zu: “Wir hatten schon immer prima Beziehungen zu Werbern.” Auch wieder eine Ansicht, die erstens wunderbar zum Magazin passt und zweitens zum pragmatischen Norden – alles, was dem Anliegen dient, den Unterprivilegierten und Abgehängten eine Lobby zu geben, kann Hinz&Kunzt nur recht sein.
Liebe Straßenverkäufer, da geben wir unseren Euro gerne.
Sven Job