brand eins

In der Zeit vor brand eins sind Wirtschaftsmagazine nicht wirklich aufregend und für den Laien kaum von Interesse. Die Cover werden von älteren Herren in dunklen Anzügen und verschränkten Armen oder unsympathischen Yuppies mit hochgestellten Daumen dominiert. Wer den Begriff “Wirtschaft” gedanklich nur mit einem kühlen Bier und “Montag ist Schnitzeltag” in Verbindung bringt, für den stecken diese Magazine bis zum Jahr 1999 voller Rätsel. Dann erscheint die erste Ausgabe von brand eins mit dem Schwerpunkt “Restart – Die Lust am Neubeginn”. Wie passend.

Das Hamburger Magazin gelingt, was so zuvor noch keiner Wirtschaftspublikation geglückt ist: Sie blickt über den Tellerrand und verlässt die enge Welt der Steuertipps, Anlageanalysen und Umsatzbewertungen. brand eins fasst Wirtschaft als Teil der Gesellschaft auf und nicht als ein ihr entkoppeltes System, das nur von einigen Wenigen verstanden werden kann. Das Thema “Fortschritt” lässt sich eben auch anhand einer Reportage über Taxifahrer darstellen – und warum sollte “Improvisation” nicht auch von russischen Kosmonauten erzählen? Die aktuelle Ausgabe “Besitz” wiederum lässt einen Plattensammler zu Wort kommen und berichtet von Japanern, die Geld bezahlen, um mit fremden Katzen zu schmusen. Natürlich haben auch Interviews mit Experten und Firmenportraits ihren Platz in brand eins; die sind aber immer auch für den Laien verständlich verfasst.

Jede Ausgabe, das Magazin erscheint monatlich, hat einen anderen Schwerpunkt. Dieser ist so weit gefasst, dass sich genug Interpretationsraum (Denken, Glück, Qualität…) bietet. Heraus kommt ein vielfältiges Heft, das für den Studenten und Unternehmer gleichermaßen interessant ist. So bleiben einzelne Ausgaben außerdem auch Jahre nach ihrer Veröffentlichung lesenswert und bedeutend. Überprüfbar ist das ganz einfach im kostenlosen Volltextarchiv.

Auch das Layout von brand eins hat im Grunde nichts mit einem Wirtschaftsmagazin zu tun und konnte die Konkurrenz schnell hinter sich lassen. Die Heftcover setzen den Schwerpunkt kreativ und symbolisch um, besonders in den letzten Jahren ist man hier zu Höchstform aufgelaufen. Zu Recht wurde die Redaktion dafür bereits mit unzähligen Auszeichnungen bedacht, unter anderem dem “Visual Leader” in Silber 2010. Mit einem ähnlichen Indie-Appeal entstaubte kurze Zeit später das Fußballmagazin 11 Freunde ein ganzes MagazingenreWie schlägt es einem auf dem aktuellen Titel von brand eins so schön entgegen? Greif zu!

Warum soll ich das lesen?
“Irgendwas mit Wirtschaft” ist das neue “Irgendwas mit Medien”.

Risken und Nebenwirkungen
Du hast mit Mitte zwanzig noch kein eigenes Unternehmen gegründet oder mit deiner Idee die Welt verändert? Viele Protagonisten des Heftes haben genau das getan. Was ist nur los mit dir?

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Florian Tomaszewski